Politik

Merkel und Seehofer lassen sich Zeit Das Kabinett ist fast komplett

Sigmar Gabriel wird Minister für Wirtschaft und Energie. Und Vizekanzler.

Sigmar Gabriel wird Minister für Wirtschaft und Energie. Und Vizekanzler.

(Foto: dpa)

Als erster der drei Parteichefs der Großen Koalition verkündet Sigmar Gabriel die Minister seiner Partei im neuen Kabinett. Obwohl die Namen schon bekannt waren, hat er eine Überraschung parat. Derweil gibt es bei CDU und CSU offenbar noch Gesprächsbedarf.

Ein sichtlich zufriedener SPD-Chef Sigmar Gabriel hat die Namen der sozialdemokratischen Mitglieder im künftigen Bundeskabinett bestätigt. Nachdem die Personalien bereits durchgesickert waren, sind in dieser Liste keine Überraschungen mehr dabei. Unerwartet kam die Ankündigung, dass der SPD-Linke Ralf Stegner nun doch nicht SPD-Generalsekretär werden soll.

"Sie alle wissen, dass ich Ralf Stegner für einen geeigneten Generalsekretär halte", sagte Gabriel bei einer Pressekonferenz im Willy-Brandt-Haus. Trotzdem herrsche in der SPD die Überzeugung vor, dass es nicht klug sei, die Posten der drei "Alltagsgesichter" der SPD ausschließlich mit Männern zu besetzen. Die gemeinten drei Funktionen sind das Amt des Parteichefs, der Fraktionsvorsitz sowie der Generalsekretär.

"Ich habe es mir mit dieser Entscheidung nicht leicht gemacht", sagte Gabriel. Da er auf Stegners Mitarbeit nicht verzichten wolle, solle dieser SPD-Vizechef werden. Dafür wird ein sechster Stellvertreterposten geschaffen.

Oppermann wird Fraktionschef

Oppermann soll Fraktionschef werden. Lieber wäre er Minister geworden.

Oppermann soll Fraktionschef werden. Lieber wäre er Minister geworden.

(Foto: REUTERS)

Zuvor hatte Gabriel ausgeführt, dass die SPD-Bundestagsfraktion "von einer erfahrenen Person" geleitet wird. Dies sei das zweitwichtigste Amt nach dem Parteichef. "Wir sind außerordentlich dankbar", so Gabriel, dass Thomas Oppermann sich bereit erklärt habe, für dieses Amt zu kandidieren. Die Dankbarkeit bezog sich offenbar darauf, dass Oppermanns Ambitionen in eine andere Richtung gingen: Wäre es nach dem 59-Jährigen gegangen, dann wäre er Innen- oder Justizminister geworden.

Welche Frau nun SPD-Generalsekretärin wird, ließ Gabriel offen. Er betonte jedoch, dass es künftig "eine deutlich stärkere Vertretung von Frauen" geben werde: Die SPD habe 19 Funktionen zu vergeben gehabt, 12 davon würden an Frauen gehen.

Kein Lob für die künftige Umweltministerin

Folgende Personen werden für die SPD am Kabinettstisch Platz nehmen: Sigmar Gabriel wird wie erwartet Wirtschafts- und Energieminister. Der bisherige SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier wird wie schon von 2005 bis 2009 Außenminister. Gabriel sagte, Steinmeier sei der "profilierteste Außenpolitiker" in Deutschland.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles wird Ministerin für Arbeit und Soziales. Nahles habe dafür gesorgt, dass der Koalitionsvertrag in diesem Bereich "eine sozialdemokratische Handschrift" trägt, sagte Gabriel. Er unterstrich, dass ihrem Ressort - anders als berichtet - die Zuständigkeit für die Rentenpolitik erhalten bleibe. Etwas anderes sei in den Koalitionsverhandlungen nie besprochen worden.

Der bisherige saarländische Minister für Wirtschaft und Energie, Heiko Maas, wird Justiz- und Verbraucherschutzminister. "Ich freue mich, dass es uns zum ersten Mal in der Geschichte gelingt, den Minister für Verbraucherschutz zu stellen", so Gabriel.

Das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geht an Manuela Schwesig, bislang Sozialministerin in Mecklenburg-Vorpommern und SPD-Vizechefin. Schwesig habe beweisen, dass man keine "goldene Ehrennadel für langjährige Parteimitgliedschaft brauche", um sozialdemokratische Politik zu machen.

Aydan Özoguz wird als Staatsministerin für Integration, Migration und Flüchtlinge im Bundeskanzleramt angesiedelt sein.

Aydan Özoguz wird als Staatsministerin für Integration, Migration und Flüchtlinge im Bundeskanzleramt angesiedelt sein.

(Foto: REUTERS)

SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks soll Ministerin für Umwelt, Naturschutz, Bauen und Reaktorsicherheit werden - die Zuständigkeit für Städtebau und Wohnungswesen wandert vom Verkehrsministerium in ihr Ressort. Damit ist das Umweltministerium wieder ein wenig aufgewertet worden, denn die Zuständigkeit für die Energiepolitik geht an das Wirtschaftsministerium. Die Personalie Hendricks gilt als Gabriels Zugeständnis an den Landesverband Nordrhein-Westfalen, aus dem die Politikerin kommt. Sie war auch die einzige Personalie, die von Gabriel in der Pressekonferenz nicht mit Lob oder dem Ausdruck von Freude bedacht wurde.

Über Aydan Özoguz sagte Gabriel, er sei "außerordentlich froh, dass erstmals eine Frau mit türkischen Wurzeln am Kabinettstisch einer Bundesregierung sitzen wird". Die stellvertretende SPD-Vorsitzende wird Staatsministerin für Migration und Flüchtlinge.

Warten auf Seehofer und Merkel

Heute Abend werden CDU und CSU in getrennten Pressekonferenzen verkünden, welche Personen ihre Ressorts besetzen sollen. CSU-Chef Horst Seehofer will sich um 18.00 Uhr in München äußern, für 18.15 Uhr ist ein Auftritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin angekündigt. Zuvor kommen das CDU-Präsidium beziehungsweise der Vorstand der CSU zu Beratungen zusammen.

Bereits offiziell bekannt ist, dass die CDU die Ministerien für Finanzen, Inneres, Verteidigung, Gesundheit und Bildung erhält. Die CSU übernimmt Verkehr, Landwirtschaft und Entwicklungshilfe.

Dobrindt wird ein bisschen Superminister

In der Riege der CSU-Bundesminister ist Alexander Dobrindt der neue starke Mann.

In der Riege der CSU-Bundesminister ist Alexander Dobrindt der neue starke Mann.

(Foto: dpa)

Damit muss die CSU als Verliererin der Ressortaufteilung gelten: Sie hat zwar so viele Ministerien behalten können wie in der schwarz-gelben Koalition, aber sie gibt das prestigeträchtige Innenministerium ab. CSU-Chef Horst Seehofer scheint das egal zu sein: "Man kann aus jedem Amt etwas machen", sagte er am Samstag. Aufgewertet wird das Verkehrsressort, es erhält die Zuständigkeit für den Ausbau der digitalen Infrastruktur. Zuständiger Minister wird der bisherige CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, der dadurch in den Kreis der bayerischen Kronprinzen aufsteigen dürfte.

Gabriel versuchte, den neuen Zuschnitt des Dobrindt-Ministeriums ein wenig herunterzuspielen. Aus dem Wirtschaftsministerium würden "zwei oder drei Referate, die sich mit dem Breitbandausbau beschäftigen", ins Verkehrsministerium wechseln, sagte er. Andere Bereiche, die sich mit der digitalen Agenda beschäftigten, würden im Wirtschaftsministerium bleiben.

Der bisherige Innenminister Hans-Peter Friedrich soll dem künftigen Kabinett nur noch als Agrarminister angehören. Der bisherige Parlamentarische Staatssekretär im Agrarministerium, Gerd Müller, wird Entwicklungsminister. Dies verkündete Seehofer nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in einer CSU-Vorstandssitzung. Neuer CSU-Generalsekretär wird der bisherige Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Andreas Scheuer.

Von der Leyen folgt de Maizière

Ursula von der Leyen wird Verteidigungsministerin - die erste in der Geschichte der Bundesrepublik.

Ursula von der Leyen wird Verteidigungsministerin - die erste in der Geschichte der Bundesrepublik.

(Foto: dpa)

Bei der CDU gilt als sicher, dass die bisherige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen die erste Verteidigungsministerin der Bundesrepublik wird. Von der Leyen war zuvor für diverse Ministerien im Gespräch, zuletzt als Innenministerin. Der Posten der Verteidigungsministerin wurde ihr nach Darstellung der "Bild"-Zeitung erst im Laufe des Samstags zugesprochen. Der bisherige Verteidigungsminister Thomas de Maizière kehrt zurück ins Innenministerium.

Als sicher gilt ebenfalls, dass Wolfgang Schäuble Finanzminister bleibt. Der bisherige CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe soll nach noch unbestätigten Berichten neuer Gesundheitsminister werden. Gröhe war verantwortlich für den erfolgreichen Wahlkampf der CDU. Er kann mit einem Ministerium bedacht werden, weil Kanzleramtschef Ronald Pofalla auf eigenen Wunsch ausscheidet. Sein Nachfolger dürfte der bisherige Umweltminister Peter Altmaier werden. Bildungsministerin Johanna Wanka wird ihr Amt wohl behalten. Kulturstaatsministerin im Kanzleramt soll laut "Süddeutscher Zeitung" die bisherige Vorsitzende des Bundestagsausschuss für Kultur und Medien, die Berliner-CDU-Abgeordnete Monika Grütters, werden.

Am Dienstag soll Angela Merkel vom Bundestag zur Kanzlerin gewählt werden. Danach werden sie und ihre Minister ernannt und vereidigt.

Quelle: ntv.de, mit dpa

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