Politik

Juncker soll ran Das Parlament wagt die Machtprobe

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Das Europäische Parlament setzt den Regierungschefs der Mitgliedsländer die Pistole auf die Brust: Sie sollen Jean-Claude Juncker das Mandat geben, sich um eine Mehrheit zu bemühen. Doch die Sache hat zwei Haken.

Küsschen im Wahlkampf: Die Frage ist, wie stark Merkel Juncker im Europäischen Rat unterstützt.

Küsschen im Wahlkampf: Die Frage ist, wie stark Merkel Juncker im Europäischen Rat unterstützt.

(Foto: dpa)

Die Fraktionen im Europäischen Parlament haben die Regierungen der EU-Staaten aufgefordert, Jean-Claude Juncker eine Chance zu geben. Es geht um den Posten des Kommissionspräsidenten der EU. Als Kandidat der größten Fraktion im Parlament werde Juncker "als Erster versuchen, die nötige Mehrheit zu bilden", schreiben die Fraktionschefs nach einem Treffen in einer gemeinsamen Erklärung.

Wohlgemerkt: Vorerst geht es nur um das Mandat für Verhandlungen. Bislang hat keine Fraktion zugesagt, Juncker auch zum Kommissionspräsidenten zu wählen. Nur wenn Junckers Programm den Vorstellungen der Sozialdemokraten entspreche, werde er ihre Unterstützung erhalten, teilt der Fraktionschef der Sozialdemokraten, der Österreicher Hannes Swoboda, mit.

Die Aufforderung an den Rat erging nach einer gemeinsamen Sitzung der Fraktionschefs "in Rekordzeit", wie es heißt. Parlamentspräsident Martin Schulz unterstützt dieses Vorgehen ausdrücklich - möglicherweise nicht ganz ohne Hintersinn, schließlich war Schulz der Kandidat der europäischen Sozialdemokraten. Sollte Juncker kein Mandat bekommen, wäre der nächste in der Reihe der Kandidaten am Zug, sagte Schulz. "Und das bin ich." Falls es soweit kommen sollte, bräuchte Schulz die Stimmen der EVP.

Zwei Haken

Oberflächlich betrachtet ist die Aufforderung des Europaparlaments an den Rat damit eine Selbstverständlichkeit: Juncker war Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP), die EVP ist bei der Wahl stärkste Fraktion geworden. Der Vertrag von Lissabon schreibt vor, dass der Europäische Rat einen Kommissionspräsidenten vorschlägt und das Europaparlament diesen dann - sofern es den Vorschlag akzeptiert - wählt. Bei seinem Vorschlag muss der Rat das Ergebnis der Europawahl berücksichtigen. Der Rat, das sind die Staats- und Regierungschefs.

Eine Selbstverständlichkeit ist Junckers Wahl keineswegs. Haken Nummer eins: Bislang ist völlig offen, ob Juncker unter den 28 Staats- und Regierungschefs eine Mehrheit hat. Der britische Premierminister David Cameron beispielsweise lehnt Juncker ab, auch der Niederländer Mark Rutte gilt nicht gerade als Juncker-Fan. Beide gehören der EVP nicht an. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist über die CDU zwar Mitglied der EVP. Doch sie hat lange gezögert, bis sie Junckers Kandidatur unterstützte. Zudem hat Merkel mehrfach betont, dass es keinen "Automatismus" zwischen einem Wahlsieg und der Wahl des Kommissionspräsidenten gebe.

Haken Nummer zwei: Die Aufforderung des Europaparlaments wurde von der Runde der Fraktionschefs ausgehandelt, ohne zuvor in den Fraktionen besprochen worden zu sein. Das wäre auch gar nicht möglich gewesen, die Fraktionen des neuen Europaparlaments haben sich noch gar nicht konstituiert. Zudem werden zwei der bisherigen Fraktionschefs dem neuen Parlament gar nicht angehören. Einer von ihnen ist ausgerechnet EVP-Fraktionschef Joseph Daul.

Noch heute treffen sich in Brüssel die Staats- und Regierungschefs, um bei einem Abendessen über das Wahlergebnis und die Kandidaten für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten zu sprechen. Um Namen soll es dabei noch gar nicht gehen. An dem Treffen wollen auch Daul und der Sozialdemokrat Swoboda teilnehmen. Sie wollen offenbar verhindern, dass der neue Kommissionspräsident wie üblich hinter verschlossenen Türen ausgekungelt wird.

Quelle: ntv.de

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