Politik

CSU-Zwischenbilanz der Edathy-Affäre "Das war keine gespielte Wut"

SPD-Chef Gabriel sagte am Mittwochabend im Innenausschuss aus.

SPD-Chef Gabriel sagte am Mittwochabend im Innenausschuss aus.

(Foto: dpa)

Nach den Tagen der Aufregung um die Affäre Edathy bemüht sich die CSU erkennbar, ihr Verhältnis zur SPD zu entspannen. Ein paar Zweifel bleiben allerdings - auch mit Blick auf SPD-Chef Gabriel.

n-tv.de: Angesicht der Geschwindigkeit, mit der die Empörung bei der CSU verraucht ist, hat man den Eindruck, die Aufregung könne ein bisschen inszeniert gewesen sein. Können Sie das ausschließen?

Stephan Mayer ist Jurist, CSU-Politiker und Mitglied des Innenausschusses des Deutschen Bundestags.

Stephan Mayer ist Jurist, CSU-Politiker und Mitglied des Innenausschusses des Deutschen Bundestags.

(Foto: dpa)

Stephan Mayer: Das kann ich vollkommen ausschließen. Ich war am Wochenende in meinem Wahlkreis unterwegs. Nicht nur CSU-Mitglieder waren enttäuscht und entrüstet darüber, dass ein so profilierter und angesehener Bundesminister wie Hans-Peter Friedrich seinen Hut nehmen musste aufgrund eines möglicherweise strafrechtlich relevanten Fehlverhaltens eines SPD-Bundestagsabgeordneten. Das war beileibe keine gespielte Wut.

Sie haben gestern im Bundestag eine Art Ehrenerklärung für Friedrich abgegeben, ihr Parteifreund Hans-Peter Uhl hat ausgeführt, dass Friedrich möglicherweise gar keine juristischen Vorwürfe zu machen seien, weil er als Minister die Information zum Fall Edathy gar nicht "unbefugt" habe weitergeben können. Warum ist Friedrich überhaupt zurückgetreten?

Ob Hans-Peter Friedrich sich strafrechtlich verantworten muss, entscheidet nicht der Bundestag. Da gibt es zwischen den Rechtsexperten auch unterschiedliche Auffassungen. Aber ich habe natürlich schon Verständnis für den Schritt von Hans-Peter Friedrich. Er hat am vergangenen Freitag sehr schnell erkannt, dass die notwendige Unterstützung, die jeder Spitzenpolitiker braucht, nicht mehr vorhanden war. Deswegen habe ich ihm gestern in der Aktuellen Stunde meine Hochachtung ausgesprochen: Es gehört schon etwas dazu, sein Amt zur Verfügung zu stellen, obwohl man davon überzeugt ist, menschlich anständig gehandelt zu haben, und es zumindest Zweifel gibt, ob man sich überhaupt ein strafrechtlich relevantes Verhalten vorwerfen lassen muss.

Friedrich hat gestern in einem Interview gesagt, die "Winkeladvokaten" und "Rechtsverdreher" hätten "kalte Füße" bekommen, sprich: ihn fallen gelassen. Das klingt, als hätte er damit CSU-Chef Horst Seehofer, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Unionsfraktionschef Volker Kauder gemeint.

Das müssen Sie ihn fragen, wen er damit gemeint hat. Es war erkennbar, dass die politische Unterstützung, die für einen Bundesminister lebensnotwendig ist, nicht mehr vorhanden war. Dann ist es wahrscheinlich der beste Weg, sein Amt zur Verfügung zu stellen.

Wie bewerten Sie den Auftritt von SPD-Chef Sigmar Gabriel gestern Abend im Innenausschuss?

Ein Punkt hat mich dabei schon gewundert: Gabriel hat eingeräumt, dass er dem damaligen Innenminister Friedrich "Vertraulichkeit" zugesichert hat, als der ihn Mitte Oktober am Rande der Sondierungsgespräche über den Fall Edathy informierte. Aus meiner Sicht ist es ein starkes Stück, wenn man Vertraulichkeit so definiert, dass man umgehend zwei weitere Personen informiert.

Der Ausschussvorsitzende Wolfgang Bosbach schien gestern Schwierigkeiten zu haben, Oppermanns Begründung für seinen Anruf bei BKA-Präsident Ziercke zu schlucken. Wie nachvollziehbar finden Sie es, dass Oppermann Ziercke nur angerufen hat, um die Information, die er zuvor von Gabriel bekommen hatte, "einzuordnen"?

Die Versionen, die Herr Ziercke und Herr Oppermann gestern im Innenausschuss über das Telefonat vom 17. Oktober vorgetragen haben, waren schon sehr ähnlich. Man kann sich vorstellen, dass es so abgelaufen ist, man kann sich aber auch vorstellen, dass es anders abgelaufen ist. Da dieses Telefonat aber nur von zwei Personen geführt wurde und die beiden sich jetzt einig sind, ist es müßig, darüber zu spekulieren. Was mir gestern wichtig war: Thomas Oppermann hat glaubhaft zum Ausdruck gebracht, dass ihm der Rücktritt von Hans-Peter Friedrich sehr leid tut. Es wäre schön gewesen, wenn noch ein Satz gekommen wäre, dass er mittlerweile sowohl das Telefonat mit Ziercke wie auch den einen Satz in seiner Pressemitteilung vom 13. Februar als Fehler sieht.

Sie meinen den Satz, in dem er sagt, er habe sich "diese Informationen im Oktober 2013 in einem Telefonat von BKA-Präsident Jörg Ziercke bestätigen lassen". Wünschen Sie sich das noch, dass Oppermann sagt, der Anruf und diese Formulierung seien Fehler gewesen?

Man muss jetzt auch mal den Blick auf das Wesentliche richten. Ich muss ganz ehrlich sagen, mir war nicht klar, dass es bei der Frage, ob der Erwerb von Nacktfotos mit Kindern strafbar ist, unterschiedliche Kategorien gibt. Hier besteht gesetzgeberischer Handlungsbedarf: Es darf nicht dabei bleiben, dass die Sicherheitsbehörden erst lange darüber nachdenken müssen, ob Fotos sich in einem Grenzbereich zur Strafbarkeit befinden. Auch in anderen Bereichen gibt es drängende Herausforderungen. Man sollte sich jetzt nicht zu lange damit aufhalten, ob das Wort "Fehler" eingeräumt wird oder nicht.

Nehmen Sie der SPD-Spitze ab, dass wirklich nur Gabriel, Steinmeier, Oppermann und am Ende auch die neue Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht vom Fall Edathy Bescheid wussten?

Ich habe keinen Anlass zu der Annahme, dass in der SPD-Bundestagsfraktion noch mehr Personen informiert waren.

Halten Sie es für vorstellbar, dass Edathy aus der SPD gewarnt wurde?

Möglich ist prinzipiell alles, aber nach den Aussagen von Oppermann, Lambrecht, Gabriel und Steinmeier habe ich keinen Grund zur Annahme, dass der ehemalige Abgeordnete Edathy aus Kreisen der SPD-Bundestagsfraktion gewarnt wurde.

Allgemein wird jetzt spekuliert, ob die CSU von Gabriel als Ausgleich für Friedrich ein Stück Entgegenkommen bei der Planung der Energiewende bekommt oder erwartet. Könnte da was dran sein?

Nein, da kann nichts dran sein. Wir machen mit Sicherheit keinen Kuhhandel. Was wir von der SPD erwarten ist, dass sie glaubhaft unter Beweis stellt, dass sie mit uns in Zukunft vertrauensvoll zusammenarbeiten will. Da wird es viele Gelegenheiten geben, nicht nur beim Thema Energiewende.

Mit Stephan Mayer sprach Hubertus Volmer

Quelle: ntv.de

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