Politik

EU-Minister streiten vorerst vergebens Datenschutz-Reform lässt auf sich warten

Europas Regeln zum Datenschutz stammen aus Zeiten, als an Facebook noch nicht zu denken war. Gesetze fallen von Staat zu Staat unterschiedlich aus - und die Regierungen der EU kommen bei der Reform kaum voran. Speziell Deutschland steckt dafür verbale Ohrfeigen ein.

EU-Kommissarin Reding kritisiert vor allem, dass Deutschland eine Reform auf europäischer Ebene bremst.

EU-Kommissarin Reding kritisiert vor allem, dass Deutschland eine Reform auf europäischer Ebene bremst.

(Foto: imago stock&people)

Europas Bürger müssen vorerst weiter mit einem Flickenteppich an Datenschutz-Regeln leben - einheitliche Standards lassen auf sich warten. Viele EU-Staaten, darunter Deutschland, Großbritannien und Frankreich, haben Vorbehalte gegen die geplante Reform der europäischen Datenschutzregeln. Eine ganze Reihe an Details bleibt umstritten, wie sich beim Treffen der EU-Justizminister in Luxemburg zeigte.

Nun wackelt der Zeitplan für die Verabschiedung der Reform bis Jahresende. Nach Meinung von EU-Diplomaten dürften sich die Verhandlungen bis ins nächste Jahr ziehen - falls die Reform überhaupt komme. Neben dem Ministerrat muss auch das EU-Parlament, das zahlreiche Änderungen wünscht, zustimmen.

EU-Kommissarin kritisiert langwierige Debatte

EU-Justizkommissarin Viviane Reding, die Anfang 2012 den Vorschlag zum gemeinsamen Datenschutz vorgelegt hatte, forderte mehr Tempo. Die EU-Staaten "müssten eigentlich die Vernunft haben, jetzt zuzustimmen nach einer Diskussion, die 18 Monate gedauert hat". Speziell Deutschland forderte sie auf, den Fuß von der Bremse zu nehmen: "An die deutsche Regierung ist die Botschaft ganz einfach: Die Menschen vor Ort warten darauf, dass ihre persönlichen Daten richtig geschützt werden."

Dem zuständigen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich konnte sie dies aber nicht persönlich sagen. Wegen einer Panne seines Flugzeugs nahm der CSU-Politiker nicht an dem Treffen teil. Er wurde vom deutschen EU-Botschafter Peter Tempel vertreten. Tempel warnte vor zu komplizierten Vorgaben. Die europäische Stelle dürfe "keine Datenschutzsuperbehörde" werden. Umstritten blieb die Kompetenzverteilung zwischen beiden Ebenen.

"Recht auf Vergessen" noch nicht beschlossen

Die globalen sozialen Netzwerke stellen immer neue Anforderungen an den Datenschutz.

Die globalen sozialen Netzwerke stellen immer neue Anforderungen an den Datenschutz.

(Foto: imago stock&people)

Immerhin vereinbarten die Minister im Grundsatz, dass Bürger und Unternehmen sich bei Datenschutzbeschwerden gegen Internetkonzerne wie Facebook, Google und Co. künftig an ihre nationale Behörde wenden können - und nicht an die Behörde in dem Land, in dem der Konzern seinen Sitz hat. Darüber hinaus soll es eine einheitliche Anlaufstelle für die Aufsicht großer Konzerne geben.

Weitere Knackpunkte der Reform haben die Minister bislang aber noch gar nicht angegangen: dazu zählt etwa das "Recht auf Vergessen", mit dem Nutzer ihre Daten löschen lassen können. Besonders im Visier sind dabei soziale Netzwerke wie Facebook, in dem Informationen sich rasend schnell weiterverbreiten – darunter auch beleidigende Texte, Fotos und Filmchen.

Minister anderer Staaten warnten vor übereilten Beschlüssen. "Wenn wir hier etwas verfrüht erlassen, dann ist der Schaden groß", sagte Großbritanniens Justizminister Chris Grayling. Seine schwedische Kollegin Beatrice Ask sagte: "Wir müssen uns die Zeit nehmen, um die richtige Balance zu finden."

USA soll Europäer mehr respektieren

Die geplante EU-Datenschutzreform soll das Recht des Bürgers an seinen persönlichen Daten gegenüber großen Internetkonzernen stärken. Dazu zählen Name, Fotos, Kontakte, Einträge in sozialen Netzwerke oder IP-Adressen. Auch Regeln für die Datenverarbeitung in Firmen und Behörden gehören dazu. Wenn Internetfirmen dagegen verstoßen, drohen Geldstrafen. Die Weitergabe von Daten an US-Behörden oder Geheimdienste regelt der Entwurf nicht explizit.

Zuletzt hatte die Debatte durch die Ausspähaktionen des US-Geheimdienstes NSA neuen Schwung bekommen. Das massenhafte Ausspähen der Daten europäischer Bürger stand bei dem Treffen am Montag aber nicht auf der Agenda. EU-Kommissarin Reding forderte, dass die geplanten EU-Standards weltweit als Vorbild dienen sollten: "So wie Amerikaner in Europa respektiert werden, wollen wir auch, dass die Europäer in Amerika respektiert werden."

Quelle: ntv.de, jtw/dpa/AFP

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