Blitzbesuch in Kundus De Maizière warnt vor "Leere"
21.12.2011, 15:46 Uhr
De Maizière an der Gedenkstätte für die gefallenen Soldaten in Kundus.
(Foto: dpa)
Bei einem überraschenden Besuch in Afghanistan kündigt Verteidigungsminister de Maizière an, die dortigen Sicherheitskräfte besser zu unterstützen. Er gibt sich "gedämpft optimistisch". Die Sicherheitslage sei besser, aber nicht stabil. Dies zeigt auch ein Anschlag auf einen ausländischen Konvois, bei dem fünf polnische ISAF-Soldaten sterben.
Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière hat vor dem ein stärkeres Engagement bei der Ausbildung dortiger Sicherheitskräfte angekündigt. "Ohne dass wir die Afghanen auch fordern, jetzt die Sicherheit in die eigenen Hände zu nehmen, würden sie es nicht tun", sagte der CDU-Politiker im nordafghanischen Kundus.
Im laufenden Jahr habe sich "die Sicherheitslage erstmalig seit vielen Jahren verbessert", sagte de Maizière bei einem Besuch der Bundeswehrsoldaten im Feldlager Kundus. "Das muss nicht nachhaltig sein, das ist noch labil", ergänzte er. Die Bundeswehr arbeite daher daran, "dass dem Abzug keine Leere", sondern "ein Ersatz durch afghanische Sicherheitskräfte" folge.
"Vielleicht haben wir mit dieser Strategie des Partnering, des gemeinsamen Arbeitens mit den Afghanen, etwas spät angefangen", sagte der Minister. Jetzt werde aber "mit Hochdruck" daran gearbeitet. De Maizière bekräftigte, am Ziel des Abzugs bis zum Ende des Jahres 2014 festhalten zu wollen. "Alles" stehe jedoch "unter der Voraussetzung, dass die Sicherheitslage das auch erlaubt". Im Moment sei er "gedämpft optimistisch".
Aufbau gut vorangekommen
Der bisherige Aufbau der afghanischen Streitkräfte sei gerade in den vergangenen anderthalb Jahren gut vorangekommen, sagte de Maizière. Die Zielzahlen für Armee und Polizei seien nahezu erreicht. Es gehe aber auch um die Qualität der Ausbildung, die Zuverlässigkeit und eine ausreichende Bezahlung.

Deutsche Soldaten feiern Weihnachten in Afghanistan. Eine niederländische Soldatin spielt den Engel.
(Foto: dapd)
Der Abzug werde nicht einfach zu organisieren sein, warnte de Maiziere später in Masar-i-Scharif, wo die Bundeswehr ihr Hauptquartier im Norden Afghanistans unterhält. "Viele unterschätzen, wie kompliziert ein Abzug ist ( ): Der technische Vorgang eines Abzuges und die politischen Bedingungen dafür zu schaffen, dass nach dem Abzug nicht alles umsonst war, weswegen Sie hier waren", sagte der Minister in einer Rede vor Soldaten. Dies sei schwierig.
"Es gibt keine Garantie, dass es Erfolg hat, aber es gibt sicher eine Garantie, dass es keinen Erfolg hat, wenn wir so weitermachen wie bisher, auf ewig hierbleiben, oder wenn wir einfach gehen und verbrannte Erde hinterlassen." So, wie der schrittweise Abzug nun geplant sei, gebe es eine gute Chance auf Erfolg. "In bestimmter Form werden wir dann auch nach 2014 hierbleiben und sehen dass, was Sie, Ihre Vorgänger und Nachfolger erreicht haben, dann auch nachhaltig Erfolg hat", fügte de Maiziere hinzu.
Vierte Reise nach Afghanistan
De Maizière war erst in Kundus eingetroffen und später nach Masar-i-Scharif weitergereist. Es war die vierte Reise des Ministers nach Afghanistan seit seinem Amtsantritt im März. Begleitet wurde er unter anderem vom Wehrbeauftragten des Bundestags, Hellmut Königshaus. Aus Sicherheitsgründen war die Reise wie üblich geheim gehalten worden. Derzeit sind rund 5000 Bundeswehrsoldaten in Afghanistan stationiert.
In der vergangenen Woche brachte das Bundeskabinett ein neues Mandat für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan auf den Weg. Ab Februar 2012 sollen statt der bis zu 5350 Soldaten nur noch maximal 4900 Bundeswehrsoldaten eingesetzt werden. Auf der Afghanistan-Konferenz Anfang Dezember in Bonn hatte die Weltgemeinschaft dem Land Hilfe bis mindestens zum Jahr 2024 zugesichert.
Anschlag auf ISAF-Soldaten
Polens Ministerpräsident Donald Tusk bestätigte indes iin Warschau den Tod von fünf polnischen Soldaten. Der Polizeichef der südöstlichen Provinz Ghasni, Dilawar Sahid, erklärte, dass ein versteckter Sprengsatz in der Nähe eines ausländischen Militärkonvois explodiert sei. Ein Augenzeuge sagte, ein ISAF-Fahrzeug sei "komplett zerstört" worden. Die radikalislamischen Taliban bekannten sich in einer SMS zu dem Anschlag. Polen beteiligt sich mit rund 2600 Soldaten am Afghanistan-Einsatz. Seit Beginn des Jahres wurden damit mindestens 554 Mitglieder der internationalen Afghanistan-Truppe ISAF getötet.
Nach Angaben der Bundeswehr wurde ein deutscher Soldat während einer Patrouille nahe Nawabad im Distrikt Kundus verletzt. Es handle sich um eine Schussverletzung, von Fremdverschulden sei aber vermutlich nicht auszugehen, teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr mit. Der Soldat sei in das Rettungszentrum von Kundus gebracht worden, sein Zustand sei stabil.
Der dauert nun rund zehn Jahre. Die gefährlichsten Mission der Bundeswehr kostete bisher 52 Soldaten das Leben. Deutschland stellt hinter den USA und Großbritannien das drittgrößte Kontingent in der Nato-geführten Schutztruppe ISAF. Auch nach dem Ende des NATO-Kampfeinsatzes 2014 soll sich die Bundeswehr nach jetziger Planung weiterhin an der Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte beteiligen.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP