Zaudern in Zeiten der Krise Delors zeigt auf Deutschland
16.06.2010, 16:59 Uhr
Zu kontemplativ? Merkels Krisenmanagement ist in Europa umstritten.
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Die Kritik ist deutlich: Der ehemalige EU-Kommissionspräsident Delors wendet sich gegen die Haltung von Bundeskanzlerin Merkel in der Euro-Krise. Sie habe in der Finanzkrise gezaudert, "Die Feuerwehr hat mit Verzögerung gehandelt", so Delors.
Der frühere EU-Kommissionspräsident Jacques Delors hält die Haltung von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Euro-Krise für falsch. Wenn man immer alle 27 EU-Staaten entscheiden lassen wolle, ignoriere man den qualitativen Unterschied zwischen Währungsunion und EU, sagte Delors dem Pariser "Figaro". Die Frage, ob die orthodoxe deutsche Budgetpolitik den Aufschwung abwürge, müsse sich der Rat der Euro-Gruppe stellen.

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Merkel will die Wirtschaftspolitik auf EU-Ebene koordinieren und nicht auf der Ebene der Euro-Staaten. Das "bedeutet, dass 27 Führer jeden Monat zusammentreffen müssen, um über alles zu entscheiden", sagte Delors. "Das wäre eine UN in ihrer schlechten Zeit. Das "wie handeln" ist genauso wichtig wie das "was tun"." Er habe vor 15 Jahren einen Pakt zur Koordinierung der Wirtschaftspolitik parallel zum Stabilitätspakt vorgeschlagen.
Delors warf Merkel auch Zaudern in der Finanzkrise vor. "Die Feuerwehr hat mit Verzögerung gehandelt, was die Krise verschärft und damit die Rechnung erhöht und die Euroskepsis genährt hat", sagte er. Dafür sei "zum Teil die deutsche Regierung" verantwortlich. Delors war 1985 bis 1995 Kommissionspräsident.
Dissenz mit Frankreich
Erst kürzlich war auf Kritik gestoßen. "Ich bin der Meinung, dass wir auch Änderungen der Verträge brauchen", sagte Merkel bei einem Treffen mit EU-Ratspräsident Herman van Rompuy in Berlin vor einer Woche. Dagegen nannte es EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso naiv, dass man die Verträge ändern könne, da dann alle Mitgliedsstaaten einstimmig dafür stimmen müssten und auch andere Änderungswünsche einbringen würden. Auch Frankreich lehnt eine Änderung der Verträge ab.
Van Rompuy sagte, Vertragsänderungen hätten derzeit keine Priorität. Er appellierte an die Geschlossenheit der EU: "In diesen Krisenzeiten brauchen wir Einigkeit und wir brauchen gemeinsame Linien, auf die wir uns verpflichten."
Quelle: ntv.de, ghö/dpa