Politik

Merkel und Sarkozy uneins Der Motor ist kaputt

In zentralen Fragen sind Deutschland und Frankreich unterschiedlicher Meinung. "Ein Sparpaket nach dem anderem führt in die Rezession", sagt der französische Präsident Sarkozy. Wieder einmal steht Europa vor einem Krisengipfel.

Merkel und Sarkozy bei einem Treffen im Februar.

Merkel und Sarkozy bei einem Treffen im Februar.

(Foto: picture alliance / dpa)

Bundeskanzlerin Angela Merkel beharrt auf ihrer Forderung, im Kampf gegen die Finanzkrise und zur Sicherung des Euro auch die EU-Verträge zu ändern. "Ich bin der Meinung, dass wir auch Änderungen der Verträge brauchen", sagte Merkel bei einem Treffen mit EU-Ratspräsident Herman van Rompuy in Berlin.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte es dagegen naiv genannt, dass man die Verträge ändern könne, da dann alle Mitgliedsstaaten einstimmig dafür stimmen müssten und auch andere Änderungswünsche einbringen würden. Auch Frankreich lehnt eine Änderung der Verträge ab.

Van Rompuy, der seit gut sechs Monaten Ratspräsident ist, sagte, Vertragsänderungen hätten derzeit keine Priorität. Er appellierte an die Geschlossenheit der EU: "In diesen Krisenzeiten brauchen wir Einigkeit und wir brauchen gemeinsame Linien, auf die wir uns verpflichten."

Streit auch über Wirtschaftsregierung

Merkel und Van Rompuy in Berlin.

Merkel und Van Rompuy in Berlin.

(Foto: REUTERS)

Merkel bekräftigte zudem ihr Ziel, dass die Staats und Regierungschefs der 27 EU-Mitglieder die permanente Koordinierung der EU-Wirtschaft übernehmen müssen. Sie lehnte damit indirekt die Forderung von Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy ab, der diese Aufgabe auf die 16 Euro-Länder konzentrieren will.

In dieser Frage stellte Van Rompuy sich gegen Frankreich. "Wir brauchen keine neuen Institutionen oder technische Unterstützung", sagte Rompuy zu dem Vorschlag, ein eigenes Eurozonen-Sekretariat einzurichten. Wichtiger sei die Debatte über Inhalte. Diese Position werde er auch beim EU-Gipfel am 17. Juni vortragen. Bei diesem Treffen soll über eine neue EU-Wirtschaftsregierung entschieden werden.

Auch die Nicht-Euro-Staaten seien wirtschaftlich und finanziell "sehr eng mit den anderen verknüpft", sagte Van Rompuy. Deshalb werde er genau darauf achten, dass es eine größere Kohärenz zwischen alle 27 Ländern gebe, zumal die meisten die Verpflichtung hätten, ebenfalls dem Euro beizutreten.

Streit? Was für ein Streit?

Van Rompuy warnte vor einer Zuspitzung der Diskussion zwischen Paris und Berlin: "Wir sollten auf gar keinen Fall diese Debatte zu sehr aufblasen". Mehr Koordinierung sei angesichts der jüngsten Krisen dringend nötig. Ein von Frankreich vorgeschlagenes neues Koordinierungssekretariat lehnte er aber ab. "Wir brauchen auf jeden Fall keine neuen Institutionen zum gegenwärtigen Zeitpunkt."

Wirtschaftsregierung und EU-Verträge sind nicht die einzigen Streitpunkte zwischen Berlin und Paris. Sarkozy lehnt Sparpakete nach deutschem Muster ab, weil sie die Konjunktur abwürgten. "Ein Sparpaket nach dem anderem führt in die Rezession", sagte er bei einer Kabinettssitzung in Paris.

Merkel will sich auf einen Streit mit Sarkozy über die Sparpolitik in Deutschland und Frankreich einlassen. Sie erwarte kein Sparpaket von Frankreich: "Jedes Land muss selbst entscheiden, in welcher Form es die Verpflichtungen, die wir gemeinsam haben, auch erfüllt." Die EU-Länder hatten sich darauf verständigt, dass die derzeit noch gewaltigen Haushaltsdefizite bis 2013 zurückgefahren werden müssen.

"Das sehe ich nicht so"

In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" wies Merkel Berichte über Spannungen im deutsch-französischen Verhältnis zurück. Sie habe sich mit Sarkozy bei der Bewältigung der Euro-Krise intensiv abgestimmt. "Alle wichtigen Entscheidungen sind gemeinsam vorbereitet und getragen worden." Auf die Frage, warum der deutsch-französische Motor stotterte, antwortete die Kanzlerin: "Das sehe ich nicht so."

Ein für vergangenen Montag geplanter Besuch Sarkozys in Berlin war kurzfristig um eine Woche verschoben worden. Der Darstellung des Elysée-Palasts, dies sei auf Wunsch Berlins geschehen, widersprach das Kanzleramt anschließend.

Merkel sagte der FAZ, auch Frankreich erkenne den gewaltigen Konsolidierungsbedarf innerhalb der EU an und unternehme erhebliche nationale Anstrengungen. So werde in Paris auf Sarkozys Anregung über eine Art nationale Schuldenbremse diskutiert.

Quelle: ntv.de, hvo/dpa/AFP/rts

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