Jordaniens König fordert Rücktritt Der Druck auf Assad wächst
14.11.2011, 16:01 UhrDie Europäische Union verschärft ihre Sanktionen gegen das Regime des syrischen Präsidenten Assad. Sie erteilt neue Einreiseverbote und ermöglicht das Einfrieren von Vermögen in der EU. Die Arabische Liga will derweil Beobachter nach Syrien entsenden. Der jordanische König fordert den Rücktritt des autoritär herrschenden Assad.
Die Europäische Union protestiert mit verschärften Sanktionen gegen das syrische Regime um Präsident Baschar al-Assad. Die Außenminister der 27 EU-Staaten erklärten in Brüssel zugleich ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit Vertretern des Syrischen Nationalrates, der gegen Gewalt und für demokratische Werte eintritt. Sie begrüßten den Beschluss der Arabischen Liga, die Mitgliedschaft Syriens wegen der anhaltenden Gewalt gegen Oppositionelle im Land zu suspendieren.
"Das ist ein klares Zeichen des Beistands gegenüber der syrischen Opposition", sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle. Er hoffe, "dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine eindeutige und gemeinsame Sprache findet, wenn die Arabische Liga jetzt klar macht, dass auch sie selbst dieses Verhalten des Regimes von Assad nicht mehr erträgt", sagte Westerwelle.
Gespräch mit Chef des Nationalrats
In Berlin empfing Westerwelle den Vorsitzenden des oppositionellen syrischen Nationalrats, Burhan Ghalijun. In dem Gespräch versicherte Westerwelle dem in Paris lebenden Professor die deutsche Solidarität und Unterstützung für das Anliegen, einen demokratischen Wandel in Syrien herbeizuführen, wie ein Sprecher in Berlin anschließend mitteilte. Ghalijun sagte, Ziel des im August in der Türkei gegründeten Nationalrats sei ein demokratischer, friedlicher, pluralistischer und säkularer Staat.
Gleichzeitig rief der Außenminister den deutschen Botschafter in Syrien, Andreas Reinicke, zu Konsultationen nach Berlin. "Der Botschafter befindet sich in Berlin zu Beratungen und Konsultationen über die Lage in Damaskus", sagte Westerwelle. Auf die Frage, wann der Botschafter zurückkehre, sagte er: "Das lasse ich mit Absicht offen."
Die EU-Minister setzten 18 zusätzliche Namen von Assad-Unterstützern auf eine schwarze Liste. Gegen sie wurde ein Einreiseverbot in die EU verhängt. Zudem können ihre Vermögenswerte in der EU eingefroren werden. Die Namen werden am Dienstag im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Bisher galten diese "restriktiven Maßnahmen" bereits für 56 Personen. Die Außenminister beschlossen außerdem, die Auszahlung von Darlehen der Europäischen Investitionsbank (EIB) sowie Verträge über technische Unterstützung von Projekten in Syrien auszusetzen.
Arabische Liga entsendet Beobachter
In einer Erklärung zeigten sich die Außenminister "zutiefst besorgt über die sich verschlechternde Lage in Syrien". Die Beschlüsse der Arabischen Liga würden "begrüßt und voll unterstützt". Sie zeigten "die zunehmende Isolation des syrischen Regimes". Die EU werde auch weiterhin ein "starkes Handeln der Vereinten Nationen" verlangen und fordere "alle Mitglieder des UN-Sicherheitsrates auf, ihrer Verantwortung hinsichtlich der Lage in Syrien gerecht zu werden". Sie forderten Syrien überdies auf, internationalen Beobachtern, Hilfsorganisationen sowie Journalisten den Zugang zu dem Land zu gewähren. Russland und China hatten bisher eine Resolution mit direkter Kritik an Assad verhindert.
Die Arabische Liga will derweil noch in dieser Woche 500 Beobachter nach Syrien schicken, die sich einen Eindruck von der Lage in den Protesthochburgen verschaffen sollen. Das bestätigte der Vorsitzende des Hilfskomitees der Union Arabischer Ärzte, Ibrahim al-Saafarani, in Kairo.
Al-Saafarani gehört einer von insgesamt 16 Menschenrechtsgruppen und Hilfsorganisationen an, die vom Generalsekretär der Liga, Nabil al-Arabi, gebeten wurden, Experten aus ihren Reihen nach Syrien zu senden. Al-Arabi habe ihnen erklärt, dass die syrische Führung nun der Entsendung der Beobachter zugestimmt habe, fügte Al-Saafarani hinzu. Unter den Experten sollen auch Militärs sein, die über den angeblichen Abzug des Militärs aus den Städten berichten soll.
Russland kritisiert Araber
Russland warf dem Westen zudem ein gefährliches Aufwiegeln der syrischen Opposition vor. Radikale Kräfte würden gezielt aufgehetzt, um das Regime von Assad zu stürzen, kritisierte Moskaus Außenminister Sergej Lawrow. "Über die Türkei, den Irak und andere Länder werden Waffen nach Syrien geschmuggelt. Und bewaffnete Extremisten missbrauchen friedliche Demonstranten, damit diese die Machthaber zur Anwendung von Gewalt provozieren", sagte Lawrow nach Angaben der Agentur Interfax.
Der Minister kritisierte außerdem den Ausschluss Syriens aus der Arabischen Liga. "Wir halten das für falsch. Das sieht nach einem Plan aus. Wer das entschieden hat, hat die Möglichkeit verspielt, dass die Lage insgesamt transparenter wird", führte Lawrow aus. Auch Kremlchef Dmitri Medwedew hatte wiederholt vor der Gefahr gewarnt, dass in Syrien Terroristen die Macht ergreifen könnten. In Moskau wurden Vertreter des oppositionellen syrischen Nationalrats zu offiziellen Gesprächen erwartet. Russland will den Nationalrat zu einer "konstruktiven Haltung" bewegen. China dagegen rief Syrien dazu auf, den Friedensplan der Liga zu akzeptieren.
Rücktrittsforderung aus Jordanien
Jordaniens König Abdullah II. forderte unterdessen Assad zum Rücktritt auf. In einem Interview mit der britischen BBC sagte Abdullah, "wenn Baschar das Interesse seines Landes im Sinn hätte, dann würde er zurücktreten". "Wenn ich an seiner Stelle wäre, würde ich wohl zurücktreten." Bevor er gehe, solle Assad zudem einen neuen politischen Dialog anstoßen, erklärte der König. Jordanien hatte das harte Vorgehen gegen die Opposition mehrfach scharf kritisiert.
Syriens Außenminister Walid al Muallim verurteilte die Ausschluss-Drohung der Liga als "gefährlichen Schritt". Syrien werde sich dem Druck "nicht beugen". Aus der Krise werde das Land "gestärkt" hervorgehen, sagte er in Damaskus. Muallim warnte zugleich vor einer möglichen Militärintervention in Syrien. Er entschuldigte sich zudem für die Angriffe regimetreuer Syrer auf mehrere Botschaften und Konsulate am Wochenende.
Die syrische Opposition macht sich mittlerweile für eine Schutzzone im Grenzgebiet zur Türkei stark. Die arabische Tageszeitung "Al-Sharq al-Awsat" meldete unter Berufung auf einen Oppositionellen, bei einem Treffen zwischen dem türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu und dem syrischen Nationalrat sei schon die Frage diskutiert worden, wie groß diese Pufferzone sein könnte, die an die Türkei angrenzen soll. Die Opposition habe vorgeschlagen, das Gebiet solle 30 Kilometer breit sein, die Türken hätten von einem 5 Kilometer breiten Streifen gesprochen.
Ein türkischer Regierungsvertreter sagte der Zeitung, die Einrichtung einer sicheren Zone auf syrischem Gebiet sei möglich. Allerdings sei dafür nicht nur ein Mandat der Arabischen Liga notwendig, sondern auch ein internationales Mandat.
Quelle: ntv.de, rts/AFP/dpa