Parlamentswahl in der Krise Der Millionär, der Finnland Erfolg bringen will
19.04.2015, 21:00 Uhr
Juha Sipilä
(Foto: REUTERS)
Die ersten Hochrechnungen sind eindeutig: Die finnische Regierung unter Alexander Stubb wird abdanken. Nachrücken wird ein Millionär, der die Rezepte seines beruflichen Erfolgs auch in der Regierung umsetzen will.
Bei der Parlamentswahl in Finnland zeichnet sich ein Regierungswechsel ab. Ersten Hochrechnungen zufolge liegt die oppositionelle Zentrumspartei mit dem Vorsitzenden Juha Sipilä mit 23,2 Prozent der Stimmen am Sonntagabend vorn.
Der voraussichtliche Wahlsieger will das skandinavische Land mit den selben Rezepten zum Erfolg führen, die ihn als IT-Unternehmer zum Millionär machten. Der 53-jährige Vorsitzende der Zentrumspartei versprach im Wahlkampf, seine Erfahrung als Firmenlenker zu nutzen, um das Land aus der Krise zu führen. "Ich habe viel Erfahrung dabei, in Unternehmen große Veränderungen umzusetzen", sagte Sipilä. Seiner Meinung nach bedürfe es in der Politik ebenfalls klarer Ziele und der Konzentration aufs Wesentliche.
Mit Sipilä kehrt die Zentrumspartei nach vier Jahren in der Opposition nun wohl wieder an die Regierung zurück. Die Partei stellte in Finnland bereits zwölf Mal den Ministerpräsidenten und drei Mal den Staatschef, darunter Urho Kekkonen, der von 1956 bis 1982 an der Spitze des Landes stand. Der aus Oulu im Nordwesten Finnlands stammende Sipilä gehört der Zentrumspartei zwar bereits seit seiner Jugend an, stieg aber erst spät in die Politik ein. So wurde er erst 2011 für die Partei ins Parlament in Helsinki gewählt, ein Jahr später übernahm er aber bereits den Parteivorsitz.
"Wenn ich einen Job übernehme, mache ich ihn ganz"
Sipilä profitierte dabei von einer tiefgreifenden Umbildung der Partei nach ihrer Wahlniederlage 2011. Zu Beginn war Sipilä, der eher zurückhaltend auftritt und genau seine Worte wählt, den meisten Finnen noch unbekannt. Doch baute er sich dank seiner guten Umgangsformen ein breites Netzwerk und eine solide Position in der Partei auf. "Er ist ein Anführer, auf den sich die städtischen Anhänger der Zentrumspartei ebenso wie ihre ländlichen Unterstützer einigen können", sagt der Politikwissenschaftler Juhana Aunesluoma von der Universität Helsinki.
Sipilä ist ein moderner Unternehmer und auch praktizierender Lutheraner. Im Februar setzte er den Wahlkampf für zwei Wochen aus, nachdem sein jüngster Sohn infolge einer Routineoperation gestorben war. Der Mann mit der rechteckigen Brille tritt bescheiden auf und gilt als zurückhaltend bis wortkarg. Was seine Leistung betrifft, ist er aber selbstbewusst.
200.000 Jobs sollen entstehen
"Wenn ich einen Job übernehme, mache ich ihn ganz", versicherte Sipilä im Wahlkampf. Sein Lebenslauf gibt ihm da Recht. Nachdem er 1992 den Vorstandsvorsitz der IT-Firma Solitra übernommen hatte, wurde er 1994 ihr Haupteigentümer. Zwei Jahre später verkaufte er die Firma laut Presseberichten für zwölf Millionen Euro an einen US-Konzern. Daraufhin wechselte er in die Finanz- und Bioenergiesektoren. Sipilä steht mit für die Generation von Unternehmern, die Finnland in den 90er Jahren zum Technolgieriesen machten.
Heute dagegen steckt das Land in der Krise. Nach drei Jahren Rezession oder Stagnation ist die Arbeitslosigkeit hoch. Sipilä will nun im kommenden Jahrzehnt 200.000 Jobs im Privatsektor schaffen. Dafür will er die Bürokratie abbauen, die Steuern senken und die Ausgaben reduzieren, indem er hunderttausende Stellen im Staatsdienst streicht.
Anders als Teile seiner Partei ist Sipilä kein Euroskeptiker. "Er ist ein Unterstützer des Subsidiaritätsprinzips, er will eindeutig nicht, dass die EU ein Bundesstaat wird", sagt der Politologe Aunesluoma. Ob Sipilä als Regierungschef ebenso Erfolg haben kann wie als Firmenchef, wird er demnächst vermutlich beweisen können.
Quelle: ntv.de, Rebecca Libermann, AFP/rts