Politik

Bundespräsident legt Amtseid ab Wulff will Brückenbauer sein

Angekommen: Bundespräsident Wulff mit seiner Frau Bettina vor dem Schloss Bellevue.

Angekommen: Bundespräsident Wulff mit seiner Frau Bettina vor dem Schloss Bellevue.

(Foto: dpa)

Ein kleiner Versprecher und Signale der Versöhung: Wulff wird als Bundespräsident vereidigt und er sagt, was von ihm zu erwarten ist: Integration und Politikverdrossenheit sind seine Themen. Wulffs Vereidigung ist auch die Stunde seines Vorgängers Köhler, der von Bundestagspräsident Lammert zu Tränen gerührt wird.

Der neue Bundespräsident Christian Wulff will in seiner Amtszeit Brücken in der Gesellschaft bauen. "Mir ist es wichtig, Verbindungen zu schaffen: zwischen Jung und Alt, zwischen Menschen aus Ost und West, Einheimischen und Zugewanderten, Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Arbeitslosen, Menschen mit und ohne Behinderung", sagte Wulff nach seiner Vereidigung vor Bundestag und Bundesrat im Reichstag in Berlin.

ist das zehnte deutsche Staatsoberhaupt und der bislang jüngste Bundespräsident. In sein Amt war er mit einer kleinen Panne gestartet. Beim Ablegen des Amtseides versprach er sich und musste ein zweites Mal zur Eidesformel ansetzen. Bei dem Festakt für den neuen Bundespräsidenten waren auch Vorgänger Horst Köhler und der Kandidat von SPD und Grünen für das Bundespräsidentenamt, Joachim Gauck, anwesend.

"Besser verstehen lernen"

Integration und Zusammenhalt der Gesellschaft sollen die den bestimmenden Themen seiner Amtszeit werden, machte Wulff in seiner Rede deutlich. "Wann wird es bei uns endlich selbstverständlich sein, dass unabhängig von Herkunft und Wohlstand alle gleich gute Bildungschancen bekommen?", sagte er. "Wann wird es selbstverständlich sein, dass alle Kinder, die hier groß werden, auch die deutsche Sprache beherrschen?"

Wulff will sich deshalb für ein besseres Miteinander der Kulturen engagieren. Die Deutschen müssten offen sein für die Zusammenarbeit mit allen Teilen der Welt. "Dazu müssen wir andere Kulturen besser kennen und verstehen lernen, müssen wir auch hier auf andere zugehen und den Austausch verstärken. Das können wir schon hier bei uns einüben, in unserer Bundesrepublik, in unserer bunten Republik Deutschland."

Integration, Integration, Integration: Wulff hat sein Thema gefunden.

Integration, Integration, Integration: Wulff hat sein Thema gefunden.

(Foto: REUTERS)

Die Vielfalt in Deutschland sei "zwar manchmal auch anstrengend, aber sie ist immer Quelle der Kraft und der Ideen und eine Möglichkeit, die Welt aus unterschiedlichen Augen und Blickwinkeln kennenzulernen", sagte Wulff. Als Beispiel für erfolgreiche Integration verwies er auf die von ihm ernannte niedersächsische Sozial- und Integrationsministerin Aygül Özkan - die erste deutsch- türkische Ministerin in Deutschland.

Kampf der Politikverdrossenheit

Wulff, der für seine Antrittsrede viel Beifall erhielt, sagte, er wisse um die große Verantwortung, die das Präsidentenamt mit sich bringe. "Ich bin dankbar dafür, nun in diesem Amt dienen zu dürfen - Deutschland und den Deutschen und allen Menschen, die hier leben." Zugleich dankte er seinen Gegenkandidaten bei der Wahl, Luc Jochimsen und Joachim Gauck, für den "fairen Wettbewerb" der vergangenen Wochen.

Zweiter Anlauf: Die kleine Panne wird schnell vergessen werden.

Zweiter Anlauf: Die kleine Panne wird schnell vergessen werden.

(Foto: AP)

Der neue Bundespräsident verteidigte zwar das Parteiensystem in Deutschland gegen Kritik. Die Parteien und ihre Jugendorganisationen seien "viel besser als ihr Ruf". Er wolle die Menschen dafür begeistern, sich wieder stärker an der politischen Willensbildung zu beteiligen. Zugleich appellierte er aber an die Parteien, mehr gegen Politikverdrossenheit zu tun: "Auch die Bürgerinnen und Bürger, die nicht in Parteien engagiert sind, müssen leicht die Erfahrung machen können, wie spannend die Mitarbeit an politischen Aufgaben sein kann."

Der Bundesregierung bescheinigte Wulff in der Finanz- und Wirtschaftskrise gute Arbeit: "Durch rasche und besonnene Entscheidungen ist es gelungen, die Folgen der Krise deutlich abzufedern." Jetzt müsse dafür gesorgt werden, dass sich Krisen diesen Ausmaßes nicht wiederholten. "Darum ist es wichtig, die Verursacher der Bankenkrise in Haftung zu nehmen und den Finanzmärkten endlich gute Regeln zu geben." Dies könne "nur in europäischer und in internationaler Zusammenarbeit gelingen. Das macht die Aufgabe außerordentlich komplex."

Dank an Köhler

Seinem Amtsvorgänger dankte Wulff für dessen Einsatz für Deutschland. "Der Kummer über Ihren Rücktritt hat noch einmal gezeigt, wie nah Sie unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern waren." Besonders Köhlers Engagement für Afrika habe viel bewegt.

Köhler bekam noch einmal viel Beifall.

Köhler bekam noch einmal viel Beifall.

(Foto: dpa)

Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert hatte zu Beginn der Amtseinführung die Verdienste des zurückgetretenen Präsidenten gewürdigt. "Er hat die Menschen, ihre Sorgen und Nöte ernst genommen, und sie danken es ihm mit anhaltender Zuneigung." Köhler habe es "sich nicht leicht gemacht und der sogenannten politischen Klasse manchmal auch nicht. Das hat viel mit der eigenen Beharrlichkeit zu tun." Besonders würdigte er seinen Einsatz für Afrika. Köhler hatte bei der Rede Lammerts Tränen in den Augen,

Nach seiner Vereidigung hat Wulff seinen neuen Amtssitz Schloss Bellevue in Berlin bezogen. Zusammen mit seiner Frau Bettina wurde er von Bundesratspräsident Jens Böhrnsen und seinem Amtsvorgänger Köhler empfangen. Anschließend wurde Wulff durch die Bundeswehr mit militärischen Ehren im Ehrenhof von Bellevue begrüßt.

Am Abend eröffnete er vor 5000 Gästen, darunter viele ehrenamtlich engagierte Bürger, mit einer launigen Rede das Sommerfest im Garten von Bellevue. "Eine schönere Art der Amtseinführung kann man sich eigentlich nicht vorstellen", sagte er. Gauck saß bei dem Fest in der ersten Reihe. Wulff und Gauck hatten sich schon als Präsidentschaftskandidaten eine Woche vor der Wahl darauf verständigt, an dem Fest in jedem Fall teilnehmen zu wollen.

Mehrheit unterstützt Wulff

Eine erste Personalentscheidung hat Wulff bereits getroffen. Der Chef der Staatskanzlei in Hannover, Lothar Hagebölling, wird neuer Chef des Bundespräsidialamtes und löst Hans-Jürgen Wolff ab.

Wulff war am Mittwoch als Kandidat von CDU, CSU und FDP erst im mit absoluter Mehrheit von der Bundesversammlung gewählt worden. Seine Amtszeit kann er mit einem breiten Rückhalt in der Bevölkerung beginnen. Im Deutschlandtrend für die ARD sagten 72 Prozent der Befragten, sie seien der Ansicht, dass Wulff ein guter Bundespräsident werde. 58 Prozent der Deutschen denken, dass "am Ende mit Wulff der richtige Kandidat gewählt worden ist". Nur 35 Prozent finden, dass der von SPD und Grünen nominierte Gauck "der bessere Präsident gewesen wäre". Mehr als drei Viertel der Befragten finden es gut, "dass diesmal ein jüngerer Kandidat in das Amt gewählt wurde".

Quelle: ntv.de, tis/dpa/rts/AFP

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