Politik

Selbstmordanschlag in Afghanistan Deutscher Soldat getötet

Bundeswehrsoldaten nehmen im April im Feldlager Kundus an einer Trauerfeier für drei gefallene Kameraden teil.

Bundeswehrsoldaten nehmen im April im Feldlager Kundus an einer Trauerfeier für drei gefallene Kameraden teil.

(Foto: dpa)

Am neunten Jahrestag des Afghanistan-Einsatzes wird mit dem Tod eines weiteren Bundeswehrsoldaten erneut deutlich, wie riskant und unsicher die Lage am Hindukusch ist und weiter sein wird. Die Bundesregierung lässt sich von dem "feigen Anschlag" nicht beirren und betont die Notwendigkeit des Einsatzes, "der unserer Sicherheit dient".

Schock am Jahrestag des Kriegsbeginns in Afghanistan: Wieder ist ein deutscher Soldat bei einem Selbstmordanschlag der Taliban getötet worden. Sechs Soldaten seien bei dem Anschlag in der Unruheprovinz Baghlan im Norden zum Teil schwer verwundet worden, sagte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg im Bundestag. Die Deutschen hatten den Auftrag, eine Zufahrtsstraße zu sichern.

Damit stieg die Zahl der toten Bundeswehrsoldaten seit Beginn des Einsatzes auf 44. Guttenberg ließ aber keinen Zweifel an der Notwendigkeit des Einsatzes.  Es sei ein Einsatz, "der unserer Sicherheit dient und der in diesem Hause beschlossen wurde". Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einem "feigen Anschlag".

Getöteter war 26 Jahre alt

Bei dem Getöteten handelt es sich um einen 26-jährigen Oberfeldwebel vom Fallschirmjägerbataillon 313 aus dem niedersächsischen Seedorf. Wie das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam mitteilte, wurden die Angehörigen informiert. Drei der Verwundeten würden noch im Feldlazarett in Masar-i-Scharif behandelt. Es bestehe aber keine Lebensgefahr. Die anderen drei seien wieder bei ihren Einheiten.

Ein deutscher Soldat der ISAF-Truppe beobachtet nahe dem Dorf Yafta-e-Sofla in Afghanistan das Gelände.

Ein deutscher Soldat der ISAF-Truppe beobachtet nahe dem Dorf Yafta-e-Sofla in Afghanistan das Gelände.

(Foto: dpa)

Nach Angaben des Gouverneurs der Provinz Baghlan, Munschi Abdul Madschid, zündete der Attentäter den an seinem Körper befestigten Sprengsatz in der Nähe der Provinzhauptstadt Puli Khumri neben einem deutschen Militärkonvoi. Das Gebiet sei von Bundeswehr-Soldaten weiträumig abgesperrt worden. Die radikal-islamischen Taliban bekannten sich zu der Tat.

Nach dem Anschlag wurde die Patrouille mit Mörsern und Handfeuerwaffen angegriffen. Das Gefecht zog sich über mehrere Stunden hin. Erst bei Einbruch der Dunkelheit endeten die Kämpfe.

Entsetzen im Bundestag

Im Bundestag löste der Anschlag Entsetzen aus. Die FDP-Verteidigungspolitikerin Elke Hoff sagte: "Ich möchte an der Stelle auch für meine Fraktion die tiefe Betroffenheit, das tiefe Bedauern zum Ausdruck bringen." Das Parlament debattierte ausgerechnet über eine verbesserte Versorgung der im Einsatz verwundeten Soldaten und der Hinterbliebenen gefallener Soldaten. Außenminister Guido Westerwelle sagte, der Anschlag erfülle ihn mit tiefster Trauer.

Auch Vertreter der anderen Fraktionen äußerten sich entsetzt. Linksfraktionschef Gregor Gysi forderte einen sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan.

Taliban suchen Zeitpunkt bewusst aus

Zum wiederholten Mal nutzten die Taliban einen symbolträchtigen Tag für eine Attacke. Die beiden vorangegangenen tödlichen Angriffe im April fanden am Karfreitag - einem der höchsten christlichen Feiertage - und während eines Besuchs Guttenbergs im Einsatzgebiet statt. Insgesamt wurden dabei sieben Soldaten getötet. Guttenberg hatte mehrfach gesagt, dass er noch im Sommer mit weiteren Toten rechne.

Auf der anderen Seite gab es aber auch die Hoffnung, dass sich die Sicherheitslage nach den Parlamentswahlen im September verbessern würde. Schon im kommenden Jahr will die internationale Schutztruppe ISAF die ersten Provinzen an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben. Bis 2014 soll das komplette Land wieder in der Sicherheitsverantwortung der Einheimischen sein.

Seit genau neun Jahren kämpft eine internationale Truppe in Afghanistan gegen die aufständischen Taliban. Rund 120.000 Soldaten gehören heute zu der Internationalen Schutztruppe ISAF, 47 Länder sind an dem Einsatz beteiligt. Deutschland ist mit 4800 Soldaten der drittgrößte ISAF-Truppensteller nach den USA und Großbritannien.

Karsai geht auf Taliban zu

Die Mitglieder des "Hohen Friedensrates" sollen die Gespräche mit den Taliban voranbringen.

Die Mitglieder des "Hohen Friedensrates" sollen die Gespräche mit den Taliban voranbringen.

(Foto: REUTERS)

In der Hauptstadt Kabul rief inzwischen Präsident Hamid Karsai offiziell einen "Hohen Friedensrat" ins Leben und forderte die Taliban eindringlich zum Ende der Gewalt auf. "Die Menschen in jedem Dorf und in jedem Distrikt hoffen darauf, dass durch Ihren Einsatz ein dauerhafter Frieden in diesem Land erreicht werden kann", sagte Karsai vor den 70 Mitgliedern des Gremiums.

Der Friedensrat soll unabhängig von der Regierung agieren und Gespräche mit den radikal-islamischen Aufständischen vorantreiben. Karsai hatte die Mitglieder des Rates in der vergangenen Woche ernannt. Darunter sind zwei Ex-Präsidenten, Stammesführer sowie frühere Angehörige des Ende 2001 gestürzten Taliban-Regimes.

Quelle: ntv.de, dpa

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