Politik

UN-Menschenrechtsrat Deutschland gibt Bericht

Deutschland musste sich zum ersten Mal im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen im Rahmen der Länderüberprüfung (Universal Periodic Review/UPR) verantworten und ist dabei mit kritischen Fragen über die Lage der Menschenrechte konfrontiert worden. Die 21-köpfige deutsche Delegation musste Fragen zu Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in Deutschland, aber auch zu den Bildungsmöglichkeiten von Kindern von Asylbewerbern beantworten. Für die Bundesregierung stellten der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), und der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Peter Altmaier (CDU), den deutschen Staatenbericht vor.

Auch die Frage der Gleichstellung der Frauen in Politik und Wirtschaft, die der Iran angesprochen hatte, wurde erläutert. "Wir haben uns bemüht, auch auf die unbequemen Fragen zu antworten und nicht etwa auszuweichen", sagte Erler später vor Journalisten. Zusätzlich würden die Fragen nun in Berlin ernsthaft überprüft. Am Mittwoch will das Gremium seinen Bericht über Deutschland verabschieden.

In der anschließenden dreistündigen Debatte meldeten sich Vertreter von 46 Mitgliedstaaten des Menschenrechtsrats zu Wort. Die meisten Redner äußerten sich beunruhigt über den Anstieg fremdenfeindlicher Angriffe auf Minderheiten wie Sinti und Roma. Erler verwies in der Anhörung darauf, dass sich der Rechtsextremismus in Deutschland nicht ausweite. Außerdem gebe es eine starke Gegenbewegung in der Gesellschaft. Die rechtsextreme NPD habe noch vor zwei Jahren mehr als 20. 000 Mitglieder gehabt; heute seien es 7200. Erler räumte vor Journalisten später ein, dass Deutschland über seine Aktivitäten gegen Rechtsextremismus und Fremdenhass noch mehr aufklären müsse.

Die deutschen Vertreter räumten bei der Anhörung ein, dass die Integration von Migranten noch ungenügend sei. Sie verwiesen auf "nationale Aktionspläne" mit dem Ziel, diese Probleme zu beheben. Auch die Chancengleichheit für Männer und Frauen solle verbessert werden.

Deutschland habe seine Gesetzgebung ständig angepasst und stelle Millionen für Integrationsprogramme bereit, führten die Vertreter der Bundesregierung auf entsprechende Fragen aus. So würden Kinder von illegalen Einwanderern in Schulen nicht den Behörden gemeldet. Und nur wenige wüssten, dass dies auch für Arztbesuche gelte. Diese Behauptung steht aber nach Darstellung von Menschenrechtlern im Widerspruch zur gängigen Praxis.

Das von Delegationen kritisch hinterfragte Kopftuchverbot in einigen Bundesländern etwa für Lehrerinnen sei Teil eines generellen Verbotes des Zeigens von religiösen Symbolen, wie etwa das Kreuz im Klassenzimmer, so die deutschen Berichterstatter. "Das mussten wir erst einmal erklären. Dann hörten die kritischen Fragen auf", sagte Altmaier. Deutschland erlaube auch in großem Maße den Bau von Moscheen, und man wünsche sich eine solche Freiheit der Religionsausübung, die zu den Menschenrechten gehöre, auch in anderen Ländern, hieß es von deutscher Seite.

Ai: "Mit der Realität nichts zu tun"

Menschenrechtsexperten kritisierten den deutschen Bericht als verharmlosend. Sie warfen der Regierung unter anderem in den Bereichen Migration, Flüchtlinge, Gleichstellung und Armut eine Beschönigung der Menschenrechtssituation vor. Die UN-Expertin von Amnesty International (ai), Silke Voss-Kyek, sagte im Deutschlandfunk, der deutsche Bericht habe "mit der Realität nichts zu tun". Im Bereich des polizeilichen Fehlverhaltens etwa drücke sich die Regierung um die Nennung einzelner Fälle.

Voss-Kyek kritisierte zudem die Praxis, durch sogenannte diplomatische Zusicherungen die Abschiebung von Terrorverdächtigen in Länder, in denen Folter drohen könnte, zu erleichtern. Die Bundesregierung versuche so, Verpflichtungen für den Umgang mit Asylsuchenden zu umgehen. Die ai-Expertin kritisierte auch die Pflicht für Behörden oder Ärzte, illegale Ausländer zu melden. Viele Menschen gingen aus Angst vor der Abschiebung nicht zum Arzt oder schickten ihre Kinder nicht zur Schule.

Regelmäßige Überprüfung der Menschenrechte

Im Gegensatz zu seiner Vorgängerorganisation, der UN-Menschenrechtskommission, prüft der 2006 gegründete Menschenrechtsrat die Situation der Menschenrechte in allen UN-Mitgliedstaaten regelmäßig. Nach einer Auslosung ist Deutschland das erste Land, das sich 2009 den Fragen der anderen 46 Mitglieder des UN-Menschenrechtsrates stellen muss. Das diesjährige Länderprüfverfahren dauert noch bis zum 13. Februar. Es folgen China, Russland, Kuba, Saudi-Arabien, Nigeria, Aserbaidschan und Mexiko.

Nach den Worten Altmaiers hält Deutschland das 2007 eingeführte UPR-Verfahren, bei dem jedes UN-Mitgliedsland alle vier Jahre überprüft werden soll, für ein bedeutendes Mittel, die Menschenrechtslage weltweit zu verbessern. "Wir wollen, dass das Verfahren etabliert wird", sagte Altmaier. Indem auch Länder, deren Menschenrechtslage nicht herausragend sei, Staaten wie Deutschland kritisch befragen könnten, werde das System ernst genommen.

Quelle: ntv.de

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