Totalverbot oder Ausnahmen? Die Gesetzentwürfe zur PID
06.07.2011, 18:41 Uhr
Spätabtreibungen sind bei Gefahr für die körperliche und seelische Gesundheit der Mutter möglich. Eine widersprüchliche Gesetzeslage?
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Präimplantationsdiagnostik (PID) ist seit Jahren umstritten. Über den künftigen Umgang mit den Tests, bei denen im Reagenzglas erzeugte Embryonen schon vor dem Einpflanzen in den Mutterleib auf mögliche genetische Schäden untersucht werden, will der Bundestag nun entscheiden. Zur Abstimmung stehen drei verschiedene, jeweils fraktionsübergreifende Gesetzentwürfe. Entschieden wird ebenfalls ohne Fraktionszwang.
Striktes gesetzliches Verbot: Die PID-Gegner um Unionsfraktionsvize Johannes Singhammer (CSU), Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne), SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles und die Grüne Birgitt Bender wenden sich wegen genereller ethischer Bedenken gegen eine "Selektion menschlichen Lebens" allein aufgrund einer schweren Erkrankung oder Behinderung. Sie befürchten nicht nur eine Stigmatisierung von Behinderten, sondern auch eine schleichende Ausweitung des Gentests und warnen vor sogenannten Designer-Babys. Mit 192 Unterzeichnern ist es der bislang zweitstärkste Antrag.
Begrenzte Zulassung: Der Gesetzentwurf einer Gruppe um Peter Hintze (CDU), Ulrike Flach (FDP) und Carola Reimann (SPD) sieht hingegen eine begrenzte Zulassung der Gentests dann vor, wenn Eltern die Veranlagung zu einer schwerwiegenden Erbkrankheit haben oder eine Tot- oder Fehlgeburt droht. Die PID soll demnach selbst dann erlaubt werden, wenn eine genetisch bedingte Krankheit auch erst später im Leben auftreten kann.
Die Gruppe begründet ihre Position auch mit der aus ihrer Sicht widersprüchlichen Gesetzeslage, wonach bei einer bereits bestehenden Schwangerschaft Spätabtreibungen bei Gefahr für die körperliche und seelische Gesundheit der Mutter möglich sind. Der Gesetzentwurf wurde zuletzt noch einmal dahingehend geändert, dass die Bundesregierung per Rechtsverordnung und mit Zustimmung des Bundesrates auch die Zahl und Zulassungsvoraussetzungen der PID-Zentren regeln soll. Mit 215 Abgeordneten hat dieser Antrag bislang die meisten Unterzeichner.
Grundsätzliches Verbot mit Ausnahmen: Nach Ansicht der Abgeordneten Priska Hinz (Grüne), René Röspel (SPD) und Patrick Meinhardt (FDP) müssen Eltern das Risiko, dass ihr Kind im Laufe seines Lebens etwa an Mukoviszidose oder Brustkrebs erkrankt, akzeptieren. Mit ihrem Antrag setzen sie der PID deutlich engere Grenzen als der vorgenannte Entwurf. Die Tests sollen "grundsätzlich" verboten, in Ausnahmefällen aber erlaubt sein und zwar dann, wenn die erbliche Belastung der Eltern "mit hoher Wahrscheinlichkeit" dazu führen würde, dass es zu einer Fehl- oder Totgeburt kommt.
Die ursprüngliche Formulierung, wonach die PID dann erlaubt werden soll, wenn der Tod des Kindes im ersten Lebensjahr wahrscheinlich ist, wurde gestrichen. Für Röspel und seine Mitstreiter ist maßgeblich, ob ein Embryo lebensfähig ist und nicht der "Grad einer Erkrankung oder Behinderung". Ebenso wie der Antrag von Hintze/Flach/Reimann ist die vorherige Zustimmung einer Ethikkommission in jedem Einzelfall sowie ein Anspruch der Betroffenen auf Beratung vorgesehen. Bislang unterzeichneten diesen Antrag 36 Abgeordnete.
Quelle: ntv.de, AFP