Das Verteidigungsbündnis rüstet auf Die "hässliche Fratze" der Nato
05.09.2014, 12:26 Uhr
Um stärke zu demonstrieren, geben sich die Staatschefs der Nato-Länder dem Militarismus hin. Nach dem Frühstück gab es für die Gipfelteilnehmer eine Flugshow mit F16-Kampfjets und Eurofightern.
(Foto: picture alliance / dpa)
Friedensverhandlungen in Minsk, Drohgebärden auf dem Nato-Gipfel in Wales. Russlands Präsident Putin predigt seit Monaten: Der Agressor ist der Westen. Dieser Tag liefert ihm einen Beleg. Doch er fußt auf Lügen und Verrat.
Das Bild ist hässlich: In Minsk sitzen Vertreter aus Moskau und Kiew, Vertreter der Separatisten und der OSZE und suchen nach einer friedlichen Lösung des Ukraine-Konflikts. Und in Wales: Da donnern schon am frühen Freitagmorgen F-16 Kampfjets und Eurofighter durch die Luft und demonstrieren die vernichtende Schlagkraft der Nato. Kaum ist das Getöse am Himmel verstummt, sprechen die Staatschefs der Mitgliedsländer über militärische "Speerspitzen", "Prepositioning" (die vorsorgliche Stationierung von Waffen in den baltischen Staaten) und die Möglichkeit eines Bruchs der Nato-Russland-Grundakte.
Es ist ein Bild, mit dem der erste Mann im Kreml, Wladimir Putin, belegen kann, was er seinen Anhängern seit Monaten predigt: Der Aggressor ist die Nato. Doch das Bild trügt.
Der Kreml hat die Nato-Russland-Grundakte schon vor Monaten gebrochen. In dem Dokument, das das Ende des Kalten Krieges besiegeln sollte, versprechen Ost und West den "Verzicht auf die Androhung oder Anwendung von Gewalt gegeneinander oder gegen irgendeinen anderen Staat, seine Souveränität, territoriale Unversehrtheit oder politische Unabhängigkeit". Die Annexion der Krim lässt sich mit diesen Grundsätzen nicht vereinbaren.
Ein Bündnis der Getriebenen
Seit Moskau sich über die Grundakte hinweggesetzt hat, ist die Nato ein Bündnis der Getriebenen. Nicht, weil die Mitgliedstaaten empört und nach Rache sühnend, jetzt die Eskalation suchen. Im Gegenteil. Wenn eines im Ukraine-Konflikt klar ist, dann dieses: Die Nato will Kiew helfen. Kämpfen wird sie für das Land nicht. Weil Präsident Putin das weiß, kann er in der Ukraine tun, was er will. Derzeit sieht es so aus, als ob er mit seinem Sieben-Punkte-Plan den Osten des Landes in ein halbstaatliches Gebilde unter russischem Einfluss verwandeln will, wie schon Transnistrien, Abchasien oder Südossetien. Und das Militärbündnis, das nicht kämpfen will, schaut hilflos zu.
Viele glauben, dass Putin in der Ukraine-Krise klüger agiert als der Westen. Tatsächlich geht er offensichtlich nur skrupelloser vor.
Obwohl Putin die Nato mit seinem gewissenlosen Machtspiel derart vorführt, redet das Bündnis nur über eine mögliche Reform der Nato-Russland-Grundakte. Dazu durchringen kann sich die Allianz nicht. Vor diesem Hintergrund gilt es auch, das Gerede über neue "Speerspitzen" und das "Prepositioning" zu bewerten. Es geht nicht um Aggression, sondern Abschreckung. Nicht aus Angriffslust, sondern aus Angst versucht das Bündnis seine Mitglieder im Osten mit diesen Mitteln vor einem Krim-Szenario zu schützen. Die Staatschefs könnten schließlich auch über die permanente Stationierung von großen Verbänden in Polen und Lettland debattieren. Oder gar über eine Aufnahme der Ukraine in das Bündnis. Doch das wäre ein klarer Bruch der Grundakte, der sich die Nato noch immer verpflichtet fühlt. Der Aggressor in diesem Konflikt ist Moskau. Das darf auch dann nicht in Vergessenheit geraten, wenn sich der Kreml an Friedensverhandlungen beteiligt.
Quelle: ntv.de