Mautstreit neu entfacht Dobrindt ist sauer auf Brüssel
18.06.2015, 19:00 Uhr
Die EU-Kommission hat die Pkw-Maut-Pläne von Verkehrsminister Dobrindt vorerst ausgebremst.
(Foto: picture alliance / dpa)
In Deutschland nimmt die Pkw-Maut trotz monatelanger Diskussionen alle Hürden. Jetzt droht sie an Brüssel zu scheitern. Notgedrungen legt Verkehrsminister Dobrindt das CSU-Prestigeprojekt auf Eis. Geschlagen geben will er sich noch nicht.
Verkehrsminister Alexander Dobrindt hat die Verschiebung des Starts der Pkw-Maut verteidigt. "Es gibt keine andere mögliche Entscheidung, die vertretbar wäre", sagte der CSU-Politiker Dobrindt in Berlin angesichts der Ankündigung der EU-Kommission, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einzuleiten. Er erwarte aber, dass der Europäische Gerichtshof die deutsche Haltung bestätigen werde.
Dobrindt kündigte eine "sehr harte Auseinandersetzung" mit Brüssel an. Er sei "durchaus verärgert über diesen Brief aus Brüssel." Man habe mit der Kommission lange über die Pläne diskutiert. "Umso unverständlicher ist jetzt diese Entscheidung." Für ihn steht fest, dass Steuerfragen in der Hoheit der Nationalstaaten liegen.
Maut könnte erst in Jahren kommen
Die Bundesregierung hat nun zwei Monate Zeit, um Stellung zu nehmen - und will "dies vollumfänglich tun", so Dobrindt in einer Aktuellen Stunde des Bundestags. Sind die Fronten weiter verhärtet, wird Brüssel Deutschland erneut auffordern, seine Pläne binnen zwei Monaten mit dem EU-Recht in Einklang zu bringen. Wenn es dann keinen Kompromiss gibt, landet der Fall vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Kippen die Richter die Maut, müsste Dobrindt sein Konzept nachbessern.
Wegen des EU-Verfahrens gibt es laut Dobrindt aber nun keine marktgerechten Angebote von möglichen Betreibern eines Pkw-Maut-Systems, so dass die für 2016 geplante Einführung der Abgabe bis zu einem Urteil des EuGH verschoben werde. Ein Verfahren kann durchaus zwei Jahre dauern.
Die EU-Kommission geht gegen die Maut wegen des Verdachts der Ausländerdiskriminierung vor. Die Abgabe soll auf Autobahnen und Bundesstraßen erhoben werden. Halter von in Deutschland zugelassenen Autos müssen eine Jahresvignette kaufen, die im Schnitt 74 Euro kosten soll. Sie werden dann aber - anders als Fahrer aus dem Ausland - in gleicher Höhe über die Kfz-Steuer entlastet.
Maut-Preise für Ausländer zu hoch
"Eine Straßennutzungsgebühr ist nur dann EU-rechtskonform, wenn sie nicht auf Grund der Staatsangehörigkeit diskriminiert. Wir haben erhebliche Zweifel, ob die einschlägigen deutschen Gesetze diesem Grundsatz entsprechen", erklärte Verkehrskommissarin Violeta Bulc. Die Kommission beanstandet außerdem, dass die Preise für die Kurzzeit-Maut, die Ausländer in aller Regel wählen werden, überproportional hoch seien.
Der Koalitionspartner SPD hatte das Projekt nur unwillig mitgetragen. Fraktionsvize Sören Bartol begrüßte die Verschiebung. "Niemand darf jetzt das Risiko eingehen, dass Steuergelder zur Einführung der Pkw-Maut investiert werden und sie am Ende gestoppt wird", erklärte er. Mit der SPD werde es keine Pkw-Maut für alle geben.
Den Spieß umdrehen will dagegen Dobrindts Parteifreund Ulrich Lange. "Die EU-Kommission sollte jetzt aber auch konsequent sein und alle Mautsysteme in Europa auf den Prüfstand stellen", forderte der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag.
Die Folgen könnten aber auch ganz anders aussehen. Vertreter der Opposition haben immer wieder klargemacht, dass die Mautkosten zuletzt doch an den deutschen Bürgern hängen bleiben könnten. Herbert Behrens, Obmann der Linken im Verkehrsausschuss, sagte dazu: "Die Dobrindtsche Ausländermaut mit einer direkten Entlastung deutscher Autofahrer ist tot. Was bleibt, ist die Maut für alle."
Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP/rts