Politik

"Die Wirkung eines Eintrittsgeldes" Dobrindts Maut erntet scharfe Kritik

Dobrindt hat in Berlin seine Mautpläne vorgestellt - in trockenen Tüchern sind sie aber noch lange nicht.

Dobrindt hat in Berlin seine Mautpläne vorgestellt - in trockenen Tüchern sind sie aber noch lange nicht.

(Foto: REUTERS)

Verkehrsminister Dobrindt stellt seine Pläne für eine Maut auf allen deutschen Straßen vor - und erntet viel Kritik. Politiker sowie Vertreter von Wirtschaft und Polizei sehen etliche offene Fragen. Und die EU-Kommission schaut auch genau hin.

Die Pläne von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt für eine Pkw-Maut auf allen deutschen Straßen stoßen auf etliche praktische Bedenken. In Grenzregionen werden Sorgen vor negativen Folgen für Pendler und die Wirtschaft laut. Gegen eine mögliche Kontrolle der Vignettenpflicht durch die Polizei machen deren Gewerkschaften Front.

In der schwarz-roten Koalition pochen CDU und SPD auf eine genaue Prüfung und ausführliche Gesetzesberatungen. Dobrindts Vorschlag gehe über den Koalitionsvertrag hinaus, weil die Maut nicht nur für Autobahnen gelten solle, sagte CDU-Bundesvize Armin Laschet der "Rheinischen Post". "Er hat die Wirkung eines Eintrittsgeldes für alle, die mit dem Auto nach Deutschland kommen." Der rheinland-pfälzische CDU-Generalsekretär Patrick Schnieder kritisierte: "Es kann nicht sein, dass die junge Familie aus Luxemburg, Ostbelgien oder Frankreich für den Wocheneinkauf oder den Restaurantbesuch im benachbarten Rheinland-Pfalz bis zu 100 Euro Eintritt zahlen muss."

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble kündigte eine genaue Prüfung der Pläne an. "Wir prüfen jetzt sehr sorgfältig, ob es europarechtliche Einwände gibt, und wir prüfen, wie wir das machen können." Er habe darüber auch mit EU-Verkehrskommissar Siim Kallas gesprochen. Die EU-Kommission hat Bedenken, dass die von Dobrindt vorgestellten Pläne EU-Ausländer diskriminieren könnten, weil Inländer über die Kfz-Steuer von der Abgabe befreit werden sollen. Kallas kündigte an, die Pläne genau unter die Lupe zu nehmen.

Kleiner Grenzverkehr belastet

Die Maut soll ab 2016 gelten.

Die Maut soll ab 2016 gelten.

(Foto: dpa)

Das Konzept von CSU-Politiker Dobrindt sieht ab 2016 eine Infrastrukturabgabe für das gesamte Straßennetz vor. Dafür sollen Vignetten verkauft werden, deren Preis sich nach Öko-Klassen und Hubraum der Pkw richtet. Inländische Fahrzeughalter sollen die Vignette automatisch erhalten. Im Gegenzug sollen sie über eine geringere Kfz-Steuer voll entlastet werden. Ausländische Fahrer sollen Vignetten an Tankstellen und im Internet kaufen. Davon erwartet Dobrindt nach Abzug der Kosten jährliche Einnahmen von 600 Millionen Euro für Investitionen in den Straßenbau.

Der nordrhein-westfälische Verkehrsminister Michael Groschek von der SPD sagte den "Ruhr Nachrichten", die Wirtschaft im kleinen Grenzverkehr würde durch eine Maut auf allen Straßen ausgebremst. Der Deutsche Industrie und Handelskammertag (DIHK) hat die Sorge, dass eine Maut in Deutschland schlecht in Europa ankomme. "Wir müssen verhindern, dass wir die Pkw-Vignette einführen, die am Ende zum Streit mit unseren Nachbarn führt", sagte Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben.

Wien hält sich Reaktion offen

Der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, Martin Burkert, forderte eine klare rechtliche Einschätzung der EU-Kommission. "Wir wollen ein deutliches Votum aus Brüssel." Nach EU-Recht dürfen Fahrer aus dem Ausland nicht wegen ihrer Nationalität benachteiligt werden.

Österreich will sich alle Reaktionen offen halten. Neben einer Klage komme analog zum deutschen Verfahren auch eine Ausweitung der Maut auf Bundesstraßen ins Spiel, deutete Vizekanzler Michael Spindelegger an. "Das könnte eine Möglichkeit sein." Er gehe davon aus, dass die Maut mit Belastungen nur für Ausländer nicht EU-konform sei.

Die Gewerkschaft der Polizei monierte derweil, es fehle ein praxistaugliches Konzept. Nach jahrelangen Personalkürzungen könne eine Kontrolle der Maut "nicht auch noch auf die Schultern unserer Kollegen geladen werden", sagte der Vorsitzende Oliver Malchow. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagte der "Bild"-Zeitung: "Für die Kontrolle der Maut wird in Deutschland kein einziger Polizist zur Verfügung stehen. Das ist reine Einnahmeverwaltung und hat mit Verkehrssicherheit nichts zu tun."

Quelle: ntv.de, mli/dpa/rts

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