Klimaschutz: Eine endlose Geschichte Durchbruch nicht in Sicht
02.08.2010, 20:31 UhrVier Monate vor dem Weltklimagipfel im mexikanischen Cancún sind die Aussichten für ein neues Abkommen düster. Regierungsvertreter aus aller Welt versuchen derzeit, den Gipfel vorzubereiten. Klar ist: Wenigstens Minimalergebnisse sollen in Bonn erreicht werden.
Betreiber werden nicht müde, für angeblich saubere Kohlekraftwerke zu werben: RWE-Kraftwerk Niederaußern und Braunkohle-Tagebau Garzweiler.
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Regierungsvertreter aus aller Welt haben in Bonn eine neue Verhandlungsrunde zum internationalen Klimaschutz begonnen. Auf der fünftägigen UN-Arbeitskonferenz soll der nächste Weltklimagipfels Ende des Jahres in Cancún (Mexiko) vorbereitet werden. Mehr als ein halbes Jahr nach dem weitgehend gescheiterten Kopenhagener Gipfel sind die Verhandlungen im Kernbereich der Treibhausgas-Minderung weiter festgefahren.
Ein umfassendes und verbindliches neues Abkommen, über das bereits seit mehreren Jahren verhandelt wird, ist daher nicht in Sicht und in Cancún kaum noch erreichbar. "Es ist außerhalb von Realismus, in Cancún eine Vereinbarung zur Reduzierung der Treibhausgase zu erwarten", sagte EU-Delegationsleiter Peter Wittoeck (Belgien).
Auch der ehemalige Leiter des UN-Umweltprogramms UNEP, Klaus Töpfer, warnte vor zu hohen Erwartungen. Eine rechtlich verbindliche Regelung zum Klimaschutz sei auch in Cancún nicht zu erwarten, sagte Töpfer im Deutschlandradio Kultur. Dies dürfe jedoch nicht als Scheitern, sondern als Verpflichtung zum Handeln begriffen werden.
Töpfer bezeichnete es als dringend notwendig, die sich beschleunigende Zunahme klimaschädlicher Emissionen abzubremsen. Gleichzeitig müssten Energien entwickelt werden, die ohne fossile Energieträger die wirtschaftliche Stabilität gewährleisteten. Die Ölpest im Golf von Mexiko habe "noch einmal wie ein Fanal klar gemacht, dass die Zeit billigen Öls vorbei ist".
Will die Menschheit die schlimmsten Folgen des Klimawandels verhindern, müssten die Emissionen ab dem Jahr 2015 kontinuierlich gesenkt werden, sagte Klimaforscher Malte Meinshausen im Gespräch mit n-tv.de.
Figueres: Die bisherigen Zusagen der Regierungen sind nicht ausreichend.
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Die Klimaverhandlungen in Bonn, an denen Vertreter aus etwa 190 Staaten teilnehmen, sind die ersten seit dem Amtsantritt der neuen Leiterin des UN-Klimasekretariats (UNFCC), Christiana Figueres. In Bonn sollen die Klimadiplomaten zumindest mehr Klarheit darüber schaffen, was in Cancún konkret angestrebt und beschlossen werden könnte. Figueres appellierte an die Regierungen, es liege in deren Hand, beim Klimaschutz gemeinsam aktiv zu werden. Es geht in Bonn unter anderem um die Klimaschutzziele der Industrieländer, Aktivitäten zum Klimaschutz in den Entwicklungsländern, die Weiterentwicklung des Emissionshandels und die Ausgestaltung eines neuen Klimaschutzfonds.
Rückschlag durch Schlüsselland USA
Forscher bohren 2,5 Kilometer tief in Grönlands Eis - sie wollen Erkenntnisse über den Klimawandel gewinnen.
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Die Verhandlungsrunde wird überschattet von der jüngsten Entwicklung in den USA. Die von Präsident Barack Obama anvisierte Klimagesetzgebung wurde im US-Senat auf Eis gelegt. Somit ist unklar, wie die USA bei Verpflichtungen zur Treibhausminderung dabei sein und ihre eigenen Ziele und Zusagen umsetzen können. Die Umweltorganisation WWF kritisierte die Verschiebung des US-Klimagesetzes als "dramatischen Rückschlag". Der WWF forderte die USA deshalb auf, sich in den Bonner Gesprächen klar zu ihren beim letzten Klimagipfel in Kopenhagen gemachten Zusagen zur Senkung der Kohlendioxid-Emissionen zu bekennen. Die Organisation Germanwatch forderte die EU und China auf, angesichts der "weiter sichtbar werdenden Politikunfähigkeit der USA" in den kommenden Monaten eine Führungsrolle im internationalen Klimaschutz zu übernehmen.
Die USA - neben China der weltweit größte Klimasünder - gelten als Schlüsselland bei den Verhandlungen. Sie haben beim Kyoto-Protokoll von 1997 nicht mitgemacht. Die EU ist nicht zu einer Verlängerung des Kyoto-Protokolls bereit, wenn nicht auch die USA zugleich zu einer vergleichbaren Minderung ihres CO2-Ausstoßes bereit sind.
Das Kyoto-Protokoll decke bisher (ohne vor allem die USA und China) nur etwa 30 Prozent des globalen Treibhausgas-Ausstoßes ab, sagte der Klimadirektor der EU-Kommission, Artur Runge-Metzger. Das mache in seiner bisherigen Form und als alleinige verbindliche Vereinbarung für die Zukunft keinen Sinn.
Klimaschutzlücke droht
Noch ist völlig unklar, wie eine Folgeregelung für das Kyoto- Protokoll aussehen soll. Wenn es bei den UN-Verhandlungen nicht zügig zu Lösungen kommt, wird die Weltgemeinschaft nach 2012 ohne gültiges Klima-Abkommen sein. Dann ist die erste Phase (2008-2012) des Kyoto-Protokolls von 1997 ausgelaufen. Das UN-Klimasekretariat hat für die Bonner Konferenz ein Papier über die rechtlichen Optionen und Folgen vorgelegt, falls es zu einer solchen Klimaschutzlücke kommen sollte. Eine solche Lücke würde auch Auswirkungen auf klimafreundliche Kooperationsprojekte und den internationalen Emissionshandel haben.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP