Fast 4000 Tote allein 2013 Dutzende Iraker sterben bei Anschlagserie
29.07.2013, 12:18 Uhr
Ein durch eine Autobombe zerstörtes Haus in Bagdad. Bei Anschlägen wie diesem kamen allein im Juli über 780 Menschen ums Leben.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die letzte Gewaltwelle im Irak erlebt einen neuen Höhepunkt: Bei einer Reihe von Bombenanschlägen in Bagdad und Umgebung sterben über 60 Menschen. Der Juli wird damit zum mit Abstand blutigsten Monat dieses Jahres, in dem aufgrund anhaltender Auseinandersetzungen der Religionsgemeinschaften schon tausende Menschen zu Tode kamen.

Irakische Sunniten demonstrieren Ende Juli in Falludscha gegen die schiitisch dominierte Regierung unter Premierminister Maliki.
(Foto: picture alliance / dpa)
Eine Serie von Anschlägen mit Autobomben hat in der irakischen Hauptstadt Bagdad und ihrer Umgebung mindestens 62 Menschen das Leben gekostet. Mehr als 220 weitere Menschen seien verletzt worden, berichteten Sicherheits- und Rettungskräfte. Insgesamt sollen innerhalb kurzer Zeit 14 Sprengsätze in vorwiegend von Schiiten bewohnten Stadtteilen Bagdads sowie weitere fünf Bomben in Ortschaften südlich der Hauptstadt explodiert sein. Ziel der Anschläge waren dabei vor allem belebte Marktplätze aber auch Restaurants und Tankstellen.
In den letzten Wochen hatte die Gewalt im Irak wieder deutlich zugenommen. So sind allein seit Anfang Juli mehr als 800 Menschen getötet worden, was diesen zum Monat mit den meisten Toten im laufenden Jahr macht. Seit Jahresbeginn kamen der Beobachtergruppe Iraq Body Count zufolge annähernd 4000 Menschen bei Anschlägen und sonstigen Gewalttaten in dem Land um, aus dem sich die US-Armee im Dezember 2011 zurückgezogen hat.
Angst vor Bürgerkrieg
Zwar hat für die letzte Anschlagserie noch keine Gruppe Verantwortung übernommen, doch trägt sie die Handschrift des irakischen Arms von Al-Kaida. Die als "Islamischer Staat Irak" bekannte Gruppierung setzt häufig Autobomben und Selbstmordattentäter in koordinierten Anschlägen ein, um die öffentliche Unterstützung für die schiitisch geführte Regierung zu schwächen. Zuletzt entkamen bei einem bewaffneten Gefängnisausbruch in zwei Haftanstalten bei Bagdad Hunderte Häftlinge, unter ihnen mehrere verurteilte Al-Kaida-Terroristen.
Ebenso tragen Spannungen mit kurdischen Bevölkerungsteilen im Norden sowie der Bürgerkrieg im benachbarten Syrien eine Rolle, wo die verfeindeten Lager zum Teil durch Schiiten und Sunniten aus dem Irak unterstützt werden, zur Destabilisierung des Landes bei. Für die letzte Welle der Gewalt soll vor allem die Erstürmung eines sunnitischen Protest-Camps in der im Norden gelegenen Stadt Hawija durch staatliche Sicherheitskräfte im vergangenen April verantwortlich sein, bei der insgesamt 45 Menschen zu Tode kamen. Politische Proteste gegen die Regierung Malikis hatten seit vergangenem Dezember in den sunnitisch dominierten Landesteilen stark zugenommen und richten sich gegen die wahrgenommen Marginalisierung der Sunniten sowie Korruption und die politische Lage im Allgemeinen.
Die Zunahme der Gewalt weckt Befürchtungen, dass das Land erneut in bürgerkriegsähnliche Unruhen schlittern könnte, wie sie in den Jahren 2006 und 2007 vorherrschten. Schiiten und Sunniten hatten sich damals mit Terroranschlägen und Todesschwadronen bekämpft. Rund 35 Prozent der irakischen Muslime sind Sunniten, 65 Prozent gehören der schiitischen Glaubensgemeinschaft an. Unter dem 2003 von der US-Armee gestürzten Diktator Saddam Hussein waren die Sunniten privilegiert, von den darauffolgenden schiitischen Regierungen in Bagdad fühlten sie sich wiederum diskriminiert.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP