Anschlag auf irakische Polizei Dutzende Rekruten getötet
18.01.2011, 10:55 Uhr
Irakische Rekruten bei ihrer Vereidigung in Mosul.
(Foto: picture alliance / dpa)
Bei einem Attentat auf irakische Rekruten in Tikrit sterben Dutzende Menschen, mehr als hundert werden verletzt. Die Rekruten warteten vor einer Polizeistation. Der Vize-Gouverneur der Region vermutet Al-Kaida hinter dem Anschlag.
Ein Selbstmordattentäter hat im Irak 60 junge Männer getötet, die sich für den Dienst bei der Polizei gemeldet hatten. Nach Angaben der Polizei zündete der Terrorist mitten im Gedränge vor dem Gebäude der Polizeidirektion der Stadt Tikrit einen Sprengstoffgürtel. Vor dem Gebäude hatten sich Hunderte von Bewerbern versammelt, um sich für eine Stelle bei der Polizei zu melden. 150 Menschen wurden verletzt.
Vize-Gouverneur Ahmed Abdul Dschabbar vermutete das Extremistennetz Al-Kaida hinter der Tat: "Wer sonst außer Al-Kaida kann es schon sein, der uns weiterhin abschlachten will. Es sind Terroristen."
"Ich weiß nicht, was passiert ist. Plötzlich spürte ich eine Art Sturmböe, die meinen Körper traf. Danach verlor ich das Bewusstsein. Erst im Krankenhaus wachte ich wieder auf", sagte der 23-jährige Mohammed Abdullah, der mit dem Schrecken davonkam. Im Krankenhaus herrschten chaotische Zustände. Über die Lautsprecher von Moscheen wurde die Bevölkerung zum Blutspenden aufgerufen.
Kritik an Sicherheitsmaßnahmen
Abdullah kritisierte die aus seiner Sicht unzureichenden Sicherheitsmaßnahmen der Polizei. Diese habe sich offensichtlich nicht genug Gedanken um den Schutz der Freiwilligen gekümmert, sagt er. Freiwillige, die sich für den Dienst bei Polizei oder Armee melden, waren im Irak seit dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein 2003 schon mehrfach Ziel von Selbstmordanschlägen.
Tikrit ist die Hauptstadt der nördlichen Provinz Salaheddin. Der Provinzrat verurteilte den Terroranschlag vor der Polizeidirektion. Er will den Angehörigen der Opfer und den Verletzten eine finanzielle Entschädigung zahlen.
Polizisten und Soldaten im Visier
Nach dem Rückzug der US-Kampftruppen aus den irakischen Städten haben Extremisten vor allem einheimische Polizisten und Soldaten ins Visier genommen, um die Lage zu destabilisieren. Tikrit liegt rund 150 Kilometer nördlich von Bagdad und ist die Heimatstadt Husseins.
Die Gewalt im Irak ist zuletzt zurückgegangen. So sank die Zahl der getöteten Zivilisten 2010 auf knapp 4000 und damit auf den tiefsten Stand seit der Invasion der US-Truppen. Radikale Sunniten und Schiiten-Milizen verüben aber weiterhin täglich Angriffe.
Nach der US-geführten Invasion 2003 hatte die Gewalt zwischen den muslimischen Religionsgruppen den Irak an den Rand eines Bürgerkriegs gebracht. Der radikale irakische Schiitenführer Moktada al-Sadr hatte zuletzt zwar zum aufgerufen. Er forderte aber seine Anhänger auf, der neuen Regierung von Ministerpräsident Nuri al-Maliki eine Chance zu geben und das staatliche Gewaltmonopol zu akzeptieren.
Quelle: ntv.de, rts/AFP/dpa