Ex-Diktator will den Menschen helfen Duvalier kehrt nach Haiti zurück
17.01.2011, 07:04 Uhr
Duvalier (Mitte) trifft mit seiner Frau auf dem Flughafen von Port-au-Prince ein.
(Foto: REUTERS)
Ein schweres Erdbeben zerstörte weite Teile Haitis. In der Folge wütete die Cholera in dem Land. Die Präsidentschaftswahl findet unter chaotischen Bedingungen statt. Nun kehrt Ex-Diktator "Baby Doc" Duvalier aus dem französischen Exil zurück. Er wolle den Menschen helfen, sagt er bei seiner Ankunft.
Haitis früherer Diktator Jean-Claude Duvalier alias "Baby Doc" ist nach 25 Jahren im Exil überraschend in seine Heimat zurückgekehrt. "Ich bin gekommen, um zu helfen", sagte Duvalier am späten Sonntagnachmittag nach seiner Ankunft auf dem Flughafen der Hauptstadt Port-au-Prince. In dem Karibikstaat, der immer noch mit den Folgen des verheerenden Erdbebens kämpft, herrscht derzeit ein politisches Vakuum.
Duvalier traf an Bord einer Air-France-Maschine ein. Er wolle dem haitianischen Volk helfen, sagte er vor Journalisten im Flughafengebäude. Nach Angaben seiner Partnerin Veronique Roy ging er nach dem Verlassen des Flugzeugs auf die Knie, um den Boden seines Heimatlandes zu küssen. Grund für die Rückkehr des Paares sei das Erdbeben vom 12. Januar 2010 mit rund 250.000 Toten gewesen, sagte Roy. "Das war der Auslöser. Wir haben die Bilder im Fernsehen gesehen." Duvalier besitze einen Diplomatenpass, sagte sie. Unterdessen versammelten sich vor dem Flughafen hunderte Anhänger des ehemaligen Präsidenten.
Menschenrechtler fordern Prozess
Eine Menschenrechtsorganisation des Landes forderte umgehend einen Prozess gegen den Ex-Diktator. "Duvalier muss sich darauf einstellen, vor Gericht zu zahlreichen Verbrechen Stellung zu nehmen, die er während seiner Herrschaft begangen hat", sagte Pierre Espérance, Vertreter des Nationalen Netzwerks zur Verteidigung der Menschenrechte (RNDDH). Der heute 59-Jährige sei für Massaker und Folter verantwortlich. Dies seien Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die nicht verjährten. Sollte Duvalier sich nicht vor einem Gericht verantworten müssen, wäre dies für Haiti im Kampf gegen die Straflosigkeit "ein Schritt zurück", sagte Espérance.
Nach dem Tod seines Vaters François Duvalier, der "Papa Doc" genannt wurde, wurde Jean-Claude Duvalier 1971 mit 19 Jahren der jüngste Staatschef der Welt. Nach einem Volksaufstand, der Ende 1985 begann, musste er auf Druck der USA 1986 das Land verlassen und floh nach Frankreich, wo er an der Côte d'Azur lebte. Während seiner brutalen Herrschaft in Haiti sollen der inzwischen 59-Jährige, seine Familie und Anhänger nach Angaben der haitianischen Behörden mehr als 100 Millionen Dollar Staatsgelder unterschlagen haben.
2007 bat Duvalier das haitianische Volk um Entschuldigung für die "während seiner Amtszeit begangenen Fehler". Präsident René Préval kündigte daraufhin an, eine Entschuldigung sei nur möglich, wenn sich Duvalier der Justiz stelle. Warum Jean-Claude Duvalier aus dem französischen Exil nach Haiti zurückgekommen ist, war zunächst unklar. Von ihm stammt das Zitat: "Es ist das Schicksal der Menschen von Haiti zu leiden." Unterdessen forderten Anhänger von Ex-Präsident Jean-Bertrand Aristide dessen schnellstmögliche Rückkehr aus dem südafrikanischen Exil.
Politisches Vakuum
Die Rückkehr des ehemaligen Machthabers kommt überraschend und zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Der verarmte Karibikstaat kämpft immer noch mit den Folgen des verheerenden Erdbebens sowie mit einer Cholera-Epidemie. Zudem herrscht nach der umstrittenen ersten Runde der Präsidentschaftswahl Ende November ein politisches Vakuum.
Eigentlich hätte am Sonntag die Stichwahl stattfinden sollen. Doch der provisorische Wahlrat sagte den Termin kurzfristig ab. Da die Ergebnisse der ersten Abstimmung vom November noch nicht verkündet seien, könne der Termin nicht eingehalten werden. Am Donnerstag hatte die Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS) ihre Empfehlungen für den Fortgang der Präsidentenwahlen in Haiti an den scheidenden Präsidenten René Préval übergeben. Über den Inhalt machten die Mitglieder der Expertendelegation keine Angaben. Préval sagte, er werde nicht zum Ende seines Mandats am 7. Februar aus dem Amt scheiden können, weil es bis dahin kein neues Staatsoberhaupt geben werde.
In der Schweiz sind noch immer etwa sieben Millionen Franken (5,4 Millionen Euro) illegaler Gelder von "Baby Doc" und seiner Entourage blockiert. Das Parlament hatte Mitte September die so genannte Lex Duvalier angenommen, die die Rückgabe der Gelder an das Land schnell ermöglichen soll. Das Gesetz über die Rückerstattung unrechtmäßiger Vermögenswerte politisch exponierter Personen regelt die Sperrung, Einziehung und Rückerstattung von Geldern. Die Schweiz kann solche Konten künftig bis zu zehn Jahre lang blockieren.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa