Kopfschütteln über Friedrich-Vorstoß EU: Keine neuen Grenzkontrollen
20.04.2012, 15:34 Uhr
So einfach soll man nicht immer nach Deutschland kommen, findet Innenminister Friedrich.
(Foto: picture alliance / dpa)
Kurz vor der Wahl in Frankreich fordern Innenminister Guéan und sein deutscher Kollege Friedrich, dass die EU-Länder vorübergehend die Grenzen dicht machen dürfen. Es schwingt mit die Angst vor einer Schwemme illegaler Einwanderer. Die EU-Kommission lehnt die Idee ab. Wenig amüsiert ist auch Außenminister Westerwelle.
Die EU-Kommission ist gegen einen gemeinsamen Vorstoß Deutschlands und Frankreichs, den Regierungen die Wiedereinführung von Grenzkontrollen im Schengen-Raum für bis zu 30 Tage zu erlauben. "Wir versuchen, europäische Entscheidungen zu garantieren", sagte ein Sprecher der EU-Kommission. Die Kommission halte an ihren Vorschlägen, das kontrollfreie Überschreiten von Grenzen unter eine stärkere EU-Kontrolle zu stellen fest: "Wir wollen mehr Europa in Schengen."
Außenminister Guido Westerwelle versuchte klarzustellen, dass an der Reisefreiheit grundsätzlich nicht gerüttelt werde. "Die Reisefreiheit ist eine der wichtigsten und für die Bürger erlebbaren Errungenschaften des europäischen Einigungsprozesses", erklärte Westerwelle. "Eine Infragestellung der Reisefreiheit kommt für die Bundesregierung ebenso wenig in Betracht wie eine Renationalisierung."
Brief macht Westerwelle sauer
Aus dem Umfeld Westerwelles hieß es, der Außenminister sei alles andere als glücklich über das Timing des Vorstoßes Friedrichs wenige Tage vor den französischen Präsidentschaftswahlen. Westerwelle hatte wiederholt vor zu viel deutscher Einmischung in den Wahlkampf des Nachbarlandes gewarnt und zur Zurückhaltung gemahnt.
Die Debatte war in Reaktion auf einen gemeinsamen Brief von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und seines französischen Amtskollegen Claude Guéan entbrannt. Darin forderten sie die Möglichkeit vorübergehender nationaler Grenzkontrollen, um illegale Einwanderer abzuwehren, die über Südosteuropa in den Schengen-Raum gelangten.
EU prüft Regelungen ohnehin
Nach dem Schengen-Abkommen werden in 26 Ländern Europas die Grenzen grundsätzlich nicht mehr kontrolliert. Es gibt aber bereits heute Ausnahmen, bei denen zeitweise Grenzkontrollen möglich sind, zum Beispiel zum Schutz von Großereignissen. Ein Sprecher Friedrichs erklärte, dass dieser Ausnahmenkatalog nach dem Vorschlag der beiden Minister erweitert werden solle. Zeitweise Kontrollen sollen auch möglich sein, wenn ein Mitgliedstaat seiner Verpflichtung zum Schutz der Schengen-Außengrenzen nicht nachkommt und illegale Einwanderer in größerem Umfang in den Schengenraum kommen.
Eine Überprüfung der Regeln für Grenzkontrollen steht derzeit auf der europäischen Tagesordnung. Grund ist ein Streit aus dem vergangenen Jahr: Frankreich kontrollierte zeitweise die Grenzen zum Nachbarland Italien mit der Begründung, die dortigen Behörden hätten den Zustrom nordafrikanischer Flüchtlinge nicht im Griff. Der Vorschlag aus Berlin und Paris soll nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" bei einem Treffen der EU-Innenminister beraten werden. Eine Entscheidung dürfte aber frühestens im Juni fallen, sagte ein Vertreter der dänischen Ratspräsidentschaft der Zeitung.
Quelle: ntv.de, jog/dpa