Balkenende, Juncker, Miliband EU-Spitzenjobs vor der Vergabe
30.10.2009, 18:48 UhrDas Rennen um zwei Spitzenposten in der Europäischen Union geht in die Schlussrunde. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union wollen so rasch wie möglich entscheiden, wer erster EU-Ratspräsident und wer "Außenminister" wird.
Schwedens Regierungschef Fredrik Reinfeldt versprach, er werde in der Personalfrage sofort Konsultationen mit allen Regierungen beginnen - sobald Tschechiens Präsident Vaclav Klaus den EU-Reformvertrag von Lissabon unterschrieben habe.

Balkenende wird oft als künftiger EU-Ratspräsident genannt.
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EU-Diplomaten spekulierten am Rande des Gipfels vor allem über den niederländischen Regierungschef Jan Peter Balkenende als Ratspräsident und den britischen Außenminister David Miliband als "Außenminister", der in der EU Hoher Vertreter heißt.
Alle warten auf Klaus
Der Ratspräsident soll künftig die Gipfeltreffen der EU leiten und der Gemeinschaft der 27 Staaten ein Gesicht geben. Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker, ebenfalls am Präsidentenposten interessiert, mahnte vor einer Personalentscheidung bei dem für Mitte November geplanten EU-Sondergipfel eine inhaltliche Diskussion über Aufgaben und gewünschtes Profil des Ratspräsidenten an. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy stimmte ihm zu: "Es gibt jetzt eine Debatte, die man darüber führen muss, ob es ein charismatischer Anführer oder ein Organisator von Gipfeln werden soll."
Beide Posten können erst besetzt werden, wenn der Reformvertrag von Lissabon in Kraft ist. Bisher fehlt noch die Unterschrift des tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus. Wann er unterschreibt, ist offen. Nachdem der Gipfel am Donnerstag eine Zusatzklausel zum Lissabon-Vertrag genehmigt hatte, um Bedenken des Tschechen auszuräumen, wartet die EU noch auf ein Urteil des tschechischen Verfassungsgerichts über die Vereinbarkeit des Lissabon-Vertrags mit der Verfassung. Möglicherweise fällt das Urteil am 3. November. "Der tschechische Präsident wird vom 3. bis 8. November die USA bereisen. Aber ich habe die Hoffnung, dass er noch unterzeichnet, bevor er die Gangway hinauf schreitet", sagte Juncker.
Tschechien begrüßte derweil die Sonderklausel. "Ich habe die Entscheidung des EU-Gipfels in Brüssel mit Zufriedenheit zur Kenntnis genommen, dass die tschechische Republik eine bedeutende Ausnahme vom Lissabon-Vertrag erhält", sagte Präsident Vaclav Klaus. Das erreichte Ergebnis sei bestmöglich ausgefallen, weshalb er keine weiteren Bedingungen für die Ratifizierung des Vertragswerks stellen wolle.
"Merkel und ich haben die gleiche Vision"

Doch auch Juncker meldet sein Interesse an.
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Sarkozy sagte, er suche in der Personalfrage den Schulterschluss mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Merkel und ich haben die gleiche Vision. Wir müssen uns bei dieser wichtigen Frage abstimmen. Wir haben uns darüber viel ausgetauscht." Er halte es für möglich, dass der Lissabon-Vertrag am 1. Dezember in Kraft trete. Offiziell stand die Personalfrage nicht auf der Gipfeltagesordnung. "Wir haben das nicht diskutiert", sagte Gipfelgastgeber Reinfeldt.
Balkenende schloss in Brüssel nicht aus, dass ihm der Posten angeboten werde. "Das ist verfrüht", sagte er jedoch zu entsprechenden Überlegungen. Er sei kein Kandidat. Auf die Frage, wie man Kandidat für den Posten werde, sagte Balkenende: "Indem andere Dich bitten, Kandidat zu sein."
Juncker sagte: "Jeder Regierungschef der EU hat seine Chance, solange er einen klaren europäischen Weg vorweisen kann." Er fügte hinzu: "Und es ist eine Frage der Beurteilung, ob Herr Balkenende darüber verfügt." Miliband hat bisher stets erklärt, er sei kein Kandidat für das Amt des EU-Außenministers.
Harms fordert eine Frau an der Spitze

Als EU-"Außenminister" wird Miliband gehandelt.
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Die sozialdemokratischen EU-Regierungschefs hatten am Donnerstag die Ambitionen des britischen Ex-Premeirs Tony Blair auf den Ratspräsidenten gestoppt. Sie meldeten Anspruch auf den Posten des Außenministers an, weswegen die Christdemokraten den Präsidenten nominieren können. Blairs Labour Partei zählt zum Lager der Sozialdemokraten in Europa. Dennoch sagte der spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero: "Wir sollen Blairs Möglichkeiten noch nicht auf Null reduzieren. Kein Kandidat ist bereits von der Liste gestrichen worden."
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament, Rebecca Harms, forderte, an der Spitze der Union müsse es auch Frauen geben. "Gute Namen für die neuen Spitzenposten gibt es da genug: Die ehemalige finnische Staatspräsidentin Tarja Halonen oder die ehemalige lettische Staatspräsidentin Vaira Vike-Freiberga."
Quelle: ntv.de, dpa