Letzte Frist im Roma-Streit EU droht Paris mit Verfahren
29.09.2010, 14:36 UhrWegen der massenweisen Abschiebung von Roma droht die EU-Kommission, rechtlich gegen Frankreich vorzugehen. Ein formales Verfahren gegen Paris wegen Verletzung der EU-Verträge soll aber erst Mitte Oktober eröffnet werden, falls Paris bis dahin nicht angemessen auf die Vorwürfe reagiert. Es geht um das Recht zur freien Niederlassung von EU-Bürgern.

Justizkommissarin Reding wirft Paris vor, EU-Recht verletzt zu haben.
(Foto: picture alliance / dpa)
Im Streit über die Abschiebung von Roma aus Frankreich sieht die Europäische Kommission entgegen früherer Aussagen vorerst von rechtlichen Schritten ab. Die Brüsseler Behörde verzichtete zunächst auf die Einleitung eines formellen Verfahrens wegen Vertragsverletzung. Stattdessen räumte die Kommission der Regierung in Paris eine letzte Frist ein und forderte sie schriftlich auf, sich bis 15. Oktober zu äußern. Erst danach würde das Verfahren eröffnet, falls Paris nicht angemessen auf die Vorwürfe reagiert.
Die Kommission und Frankreich waren wegen der Abschiebung von Roma aus Frankreich in ihre EU-Heimatländer Rumänien und Bulgarien hart aneinandergeraten. Die zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding warf Frankreich vor, damit gegen die im EU-Recht garantierte Freizügigkeit der EU-Bürger zu verstoßen.
Nach der "Richtlinie zur Freizügigkeit" von 2004 kann sich jeder Bürger grundsätzlich in einem anderen Mitgliedstaat niederlassen. Seit Juli hat Frankreich mehr als tausend Roma nach Bulgarien und Rumänien abgeschoben und dutzende illegale Lager aufgelöst.
Ein Sprecher des französischen Außenministeriums hatte Brüssel zuvor vor einer "Polemik" gewarnt.
Frankreich nicht belehren

Die Roma-Familie Neda: Vater Miron, Mutter Daniela und die Kinder Manuela, Patricia und Bogdan.
(Foto: dpa)
Seit Wochen streitet die EU-Kommission vornehmlich hinter den Kulissen mit der französischen Regierung darüber, das Vorgehen in Einklang mit EU-Recht zu bringen. Das Europäische Parlament hatte in einer Resolution Frankreich aufgefordert, die Ausweisungen sofort zu beenden. Eine Verbalattacke des französischen Europa-Staatssekretärs Pierre Lellouche in Brüssel brachte das Fass zum Überlaufen. Frankreich müsse sich nicht belehren lassen von der EU-Kommission oder dem Europäischen Parlament, hatte Lellouche gesagt. "Frankreich ist ein souveränes Land. Wir sind nicht in der Schule. Ich habe nicht die Absicht, mich im Namen Frankreichs wie ein kleiner Junge behandeln zu lassen. Frankreich steht nicht vor Gericht."
Quelle: ntv.de, dpa/AFP