Politik

Stresstests für Atomkraftwerke EU will nicht so streng sein

Die EU verzichtet auf die zunächst angekündigten strengen Reaktor-Tests an Atommeilern in Europa. Mögliche Folgen von Flugzeugabstürzen oder von menschlichem Versagen sollen nun doch nicht untersucht werden. Dafür hatten sich vor allem Großbritannien und Frankreich starkgemacht.

Das französische Atomkraftwerk Cattenom.

Das französische Atomkraftwerk Cattenom.

(Foto: dpa)

Die Sicherheitstests für die Atomkraftwerke in Europa sollen nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" deutlich schwächer ausfallen als angekündigt. Bei einem Treffen der EU-Energieminister habe sich abgezeichnet, dass die Kraftwerksbetreiber lediglich zu der Prüfung verpflichtet werden sollen, ob die Meiler Naturkatastrophen wie Erdbeben, Flutwellen oder extremen Temperaturschwankungen standhalten, berichtet das Blatt.

Dies sei ein Vorschlag der Vereinigung der Westeuropäischen Atom-Aufsichtsbehörden. Länder, die strengere Tests wollten, könnten diese freiwillig durchführen, hieß es in Kreisen von Energiekommissar Günther Oettinger.

Ursprünglich hatten sich die 27 europäischen Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfel Ende März darauf geeinigt,  . Zudem sollte getestet werden, ob Stromversorgung, Kühlung und zusätzliche Aggregate nach Terrorangriffen, menschlichen Bedienfehlern oder in unverhofften Notsituationen sicher funktionieren. Das lehnen die westeuropäischen Aufseher strikt ab.

Meiler bleiben unzugänglich

"Wenn die Erfahrungen des Unfalls in Fukushima auch die Notfallmaßnahmen für den Schutz der Öffentlichkeit betreffen (Feuerwehr, Polizei und Gesundheitsversorgung), ist dies nicht Teil dieser Stresstests", heißt es in ihrem Vorschlag. Die Betreiber sollen demnach lediglich einen Bericht zu möglichen Gefahren verfassen und an die Kommission senden. Unabhängige EU-Fachleute hätten demnach keinen Zutritt zu den Meilern.

Informationen aus der EU-Kommission zufolge dringen vor allem Frankreich und Großbritannien auf abgeschwächte Tests. Die beiden Länder betreiben die meisten Atommeiler in Europa. In Frankreich stehen 58 Meiler, in Großbritannien 19. Die Regierungen in Paris und London erklärten bereits, trotz des Unglücks von Fukushima auch künftig verstärkt Atomkraft nutzen zu wollen. London kündigte zudem an, die Ergebnisse der Tests nicht zu veröffentlichen. Im Dezember sollen die Ergebnisse vorliegen.

"Gefährliche Reduzierung"

Der Plan der Atomkraft-Länder stößt auf heftige Kritik. "Wir müssen alle Szenarien für Katastrophen testen, egal, ob sie von Menschen oder der Natur verursacht werden", sagte die Europaabgeordnete Angelika Niebler (CSU) der Süddeutschen Zeitung. Die Fraktionsvorsitzende der Europäischen Grünen im Parlament, Rebecca Harms, sprach von einer "gefährlichen Reduzierung". Energiekommissar Oettinger breche sein Versprechen, die europäischen Atomkraftwerke sicherer zu machen und neue, einheitliche Standards zu entwickeln.

Die EU-Kommission bemühte sich, die Verbesserungen herauszustellen. Dank der Stresstests könne die Behörde nun erstmals die Baupläne aller Meiler einsehen, sie erhalte einen Überblick über alle Standorte, hieß es aus der Kommission. Die EU-Länder müssten erstmals erklären, welche Sicherheitsstandards sie ihren Bau- und Betriebsgenehmigungen zugrunde gelegt hätten. Das sei "ein großer Fortschritt". Nach weiteren Beratungen in den kommenden Tagen sollen die Pläne am 12. Mai in Brüssel vorgestellt werden.

Quelle: ntv.de, sba/dpa

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