Politik

SPD-Politiker verteidigt sich auf Facebook Edathys Welt

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Innenausschuss widmet sich wieder dem Fall Edathy. Es gilt, mögliche Fehler der Ermittlungsbehörden in dem Kinderpornografie-Fall aufzuklären. Der SPD-Politiker selbst sorgt im Internet unterdessen eher für Verwirrung.

Als Ermittler auf der Suche nach kinderpornografischem Material Wohnungen von Sebastian Edathy durchforsten, ist der SPD-Politiker schon im Ausland. Wo genau, verheimlicht er der Öffentlichkeit seither. Verstummt allerdings ist Edathy nicht. Der 44-Jährige setzt darauf, sich als Opfer zu präsentieren. Mit einem Buch über die "sogenannte Affäre" will er die Hintergründe des Falles erklären. Bis es fertig ist, nutzt er vor allem sein Facebook-Profil, um seine Sicht der Ermittlungen zu schildern.

Sebastian Edathy: "An alle, die es betrifft: Die Dokumente mit der ganzen Geschichte sind an verschiedenen Orten deponiert und werden in dem Moment veröffentlich, in dem mir etwas zustößt."

Sebastian Edathy: "An alle, die es betrifft: Die Dokumente mit der ganzen Geschichte sind an verschiedenen Orten deponiert und werden in dem Moment veröffentlich, in dem mir etwas zustößt."

Edathys virale Erzählung beginnt am 17. Januar. Der SPD-Politiker postet ein Foto mit dem Ausschnitt eines Dokuments. "Voraussichtlich arbeitsunfähig bis einschließlich 28.02.14" steht darauf. Dass er zu diesem Zeitpunkt längst weiß, dass gegen ihn ermittelt wird, weil er Fotos nackter Jungen von einem kanadischen Onlineshop bestellt hat, erwähnt er nicht. Und er sieht offensichtlich bis heute keinen Grund, den Eintrag zu löschen. In den Kommentarfeldern sind noch immer all die wohlwollenden Genesungswünsche zu lesen. "Da muss es dich ja ganz schön erwischt haben", steht dort und immer wieder "Gute Besserung".

Am 8. Februar informiert Edathy die Facebook-Gemeinde dann, dass er sich aus "gesundheitlichen Gründen" dazu entschieden habe, sein Bundestagsmandat niederzulegen. Auch Anfang Februar weiß die Öffentlichkeit nichts von den Vorwürfen. Parteikollegen danken ihm für die gemeinsame Arbeit.

Zwei Tage später folgt die Durchsuchung seiner Wohnungen und erste Medien berichten über den Verdacht des Besitzes kinderpornografischen Materials. Edathy schaltet sofort auf Verteidigung. "Ich gehe davon aus, dass die Unschuldsvermutung auf für mich gilt", postet er. "Ein strafbares Verhalten liegt nicht vor." Mitte Februar veröffentlicht er ein Link zu einem Bericht von "Spiegel Online", in dem Edathy Kritik an dem Vorgehen der Ermittlungsbehörden äußert.

Ein Aufgebot an Entlastungszeugen

Auf die Phase der Selbstverteidigung folgt ein Aufgebot an Entlastungszeugen. Edathy postet Links von Zeitungs-Kommentatoren, die Partei für ihn ergreifen oder zumindest die Ermittlungsbehörden kritisieren. Darunter sind Meinungsbeiträge mit Titeln wie "Strafrecht ist kein Moralrecht". Den Bundesrichter Thomas Fischer zitiert der SPD-Politiker mit den Worten: "Vielleicht sollte sich der Rechtsstaat - jedenfalls vorläufig, bis zum Beweis des Gegenteils - bei dem Beschuldigten Sebastian Edathy einfach entschuldigen." Edathys Strategie ist es offensichtlich, darauf zu verweisen, dass er am Pranger steht, obwohl selbst die Staatsanwaltschaft eingesteht, dass das Material, das er bestellt hat, womöglich nicht strafrechtlich relevant ist, ein Konflikt mit der Unschuldsvermutung.

Facebook-Nutzer reagieren auf Edathys Posts - überwiegend wohlwollend. Einige ergänzen sie gar um weitere Zeitungsartikel und Kommentare. Allerdings ist unklar, ob der SPD-Politiker Einträge gefiltert hat. Dass es auch Facebook-Seiten gibt, auf denen sich Hunderte Nutzer über den Mann auslassen, spiegelt sich auf Edathys Profil zumindest kaum wieder.

Nach dem Kapitel Entlastungszeugen bekommt die Facebook-Erzählung Edathys einen neuen Dreh. Der Sozialdemokrat postet am 6. März auf Englisch: "An alle, die es betrifft: Die Dokumente mit der ganzen Geschichte sind an verschiedenen Orten deponiert und werden in dem Moment veröffentlich, in dem mir etwas zustößt." Die "ganze Geschichte"? "Etwas zustoßen"? Was er genau meint, verrät Edathy nicht. Dass er sich Drohungen ausgesetzt sieht, wirkt beim Blick auf andere Seiten kaum verwunderlich. Ob gewollt oder nicht, den Eintrag des SPD-Politikers, ausgerechnet auf Englisch und ganz im Stile eines Edward Snowden, umweht dennoch der Hauch der Verschwörungstheorie. Wohl vor allem weil er so kryptisch daher kommt.

Regierung steht Untersuchungsausschuss nicht im Weg

In der Welt jenseits von Facebook tun die übrigen Beteiligten dagegen vieles dafür, Verschwörungstheorien keine Chance zu geben. Der Innenausschuss tritt an diesem Mittwoch zusammentritt und geladen sind der Präsident des Bundeskriminalamts Jörg Zierke, die Staatsanwälte Jörg Fröhlich und Frank Lüttig sowie die niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz. Ein sicheres Thema sind mögliche Fehler der Ermittlungsbehörden.

Justizministerin Niewisch-Lennartz versuchte schon vor der Ausschusssitzung jeden Verdacht der Intrige- oder des Unlauteren zu zerstreuen. Auf die Forderung der Edathy-Anwälte, den Fall den Hannoveraner Ermittlern zu entziehen, entgegenete sie: Die Kritik an der Staatsanwaltschaft sei unbegründet. Sie könne nicht "im Ansatz erkennen", dass der Fall den Boden des Rechtsstaates verlasse. Auch, dass sich die Regierungsparteien bereiterklären, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, um aufzuklären, ob Edathy vor den Ermittlungen gewarnt oder in anderer Form gegen Rechtsstaatsprinzipien verstoßen wurde, gilt mittlerweile als sicher.

Spätestens dann könnte sich auch aufklären, was es mit Edathys Gesundheitszustand auf sich hat oder um welche Dokumente es sich handelt, die er angeblich an mehreren Orten deponiert hat. Edathy kündigte bereits an, als Zeuge zur Verfügung zu stehen. Dann muss sich auch zeigen, ob die Erzählung im Untersuchungsausschuss zu der auf Facebook passt.

Quelle: ntv.de

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