Zehn Monate Haft Eilverfahren gegen Randalierer
05.06.2007, 07:04 UhrDrei Tage nach den schweren Krawallen im Vorfeld des G8-Gipfels ist der erste der ermittelten Steinewerfer von Rostock verurteilt worden. Der 31-Jährige erhielt eine zehnmonatige Haftstrafe ohne Bewährung. Wie das Amtsgericht Rostock mitteilte, hatte der nicht vorbestrafte Mann "mehrfach mit Steinen gezielt nach Polizisten" geworfen. Das Gericht urteilte in einem beschleunigten Verfahren, das oft zur Abschreckung von Nachahmern angewandt wird.
Die Autonomen räumten ein, bei den Krawallen Fehler gemacht zu haben. "Wir haben während der Kundgebung eine gewaltfreie Organisation hingekriegt. Aber danach ist es uns etwas entglitten", sagte Tim Laumeyer, Sprecher der "Interventionalistischen Linken", in einem Gespräch mit der Zeitschrift "Vanity fair". Diese Gruppe hatte den Block der Autonomen bei der gegen den Gipfel gerichteten Demonstration organisiert.
"Gewalt auch legitim"
Laumeyer sagte, die Organisatoren hätten sich schon frühzeitig deutlicher von gewalttätigen Aktionen distanzieren müssen. "Wir hätten vorher stärker klarmachen müssen, was wir wollen - was wir politisch wollen. Und dazu gehört nicht, Menschen zu verletzen." Ziviler Ungehorsam bedeute nicht Straßenschlachten. Eine Eskalation wie in Rostock dürfe es nicht wieder geben. "Nach wie vor glaube ich, dass Gewalt auch legitim sein kann, aber es darf nie das Ziel sein, Menschen zu verletzen", sagte Laumeyer.
Unterdessen versprühten Demonstranten bei der Anti-G8-Demonstration am Montag erneut chemische Flüssigkeiten gegen Polizisten. Dies sei ein in Deutschland bislang unbekanntes Vorgehen der militanten Szene, erklärte die Polizei. Acht Polizisten mussten zur Behandlung ins Krankenhaus gebracht werden. Bereits am vergangenen Samstag mussten mehrere Polizisten mit schmerzhaften Hautreizungen medizinisch behandelt werden.
Verursacher seien Mitglieder einer Gruppe namens "Clown's Army", die aus Spritzpistolen die bislang unbekannte Flüssigkeit versprühen würden, so die Polizei. "Die Clown's Army (...) so bunt und fantasievoll ist sie dann doch nicht", sagte ein Polizeisprecher. Es sei schwierig, die Täter auf frischer Tat zu stellen, da sie sich nach der Straftat sofort wieder in die Denkung der Menschenmenge begäben.
Elf weitere Festnahmen
Bei der Demonstration seien im so genannten schwarzen Block erneut viele Menschen ausländischer Herkunft festgestellt worden, hauptsächlich aus Frankreich, Russland und der Ukraine, hieß es weiter. Es werde deutlich, wie breit die Militanten sich in Europa organisiert hätten, um ihre Aktionen gegen die Polizei gezielt vorzubereiten.
Am Dienstag nahm die Polizei erneut elf Menschen fest. Zunächst war bei der Einsatzführung aber noch unklar, wo und aus welchen Gründen. Ein Sprecher sagte, möglicherweise hätten sie verbotene Gegenstände mit sich geführt oder sie seien zur Feststellung der Personalien kurzzeitig zu einer Gefangenensammelstelle gebracht worden. Nach einer weitgehend ruhigen Nacht blieb die Lage auch am Dienstag insgesamt friedlich.
Zur Ankunft von US-Präsident Bush wollen Globalisierungskritiker auch in der Nähe des Flughafens Rostock-Laage protestieren. Das Greifswalder Oberverwaltungsgericht hat eine Kundgebung in Laage unter Auflagen genehmigt. Maximal 50 Teilnehmer sind demnach erlaubt.
Karlsruhe weist Eilanträge zurück
Die Verfassungsrichter in Karlsruhe wiesen zwei Eilanträge gegen die Demonstrationsauflagen ab. Bei der Beschwerde betreffend der Demonstration nahe des Flugplatzes konnten die Richter keine unzulässige Benachteiligung der Veranstalter erkennen. Die Auflagen für die Kundgebung seien rechtmäßig. Die Annahme der Behörde, es bestehe die Gefahr körperlicher Übergriffe, sowie das von ihr betonte Erfordernis, ausreichende Rettungs-und medizinische Versorgungsmöglichkeiten vorhalten zu müssen, seien verfassungsrechtlich tragfähig.
Die zweite Beschwerde gegen Beschränkungen für eine unmittelbar am G-8-Zaun geplante Mahnwache wurde wegen nicht hinreichender Begründung als unzulässig abgelehnt. Das Oberverwaltungsgericht Greifswald hatte die Mahnwache nur unter der Auflage erlaubt, dass sich die höchstens 15 Teilnehmer 24 Stunden vorher schriftlich anmelden müssten. Nach der Entscheidung aus Karlsruhe sagten die Organisatoren die Mahnwache ab.
Quelle: ntv.de