Hessen festgefahren Einladungen von CDU und SPD
29.01.2008, 07:26 UhrNach dem knappen Ergebnis der hessischen Landtagswahl gehen CDU wie SPD gleichermaßen in die Offensive: Sowohl CDU-Ministerpräsident Roland Koch als auch SPD-Landeschefin Andrea Ypsilanti wollen mit potenziellen Koalitionspartnern Sondierungsgespräche führen. Dennoch gab es bisher keine wirkliche Bewegung in Richtung einer praktikablen Lösung. Bei der Wahl hatten am Sonntag CDU und SPD gleich viele Sitze erhalten. Allerdings hat die CDU einen hauchdünnen Vorsprung von 0,1 Prozentpunkten.
Koch lud SPD, FDP und Grüne per Brief zu Gesprächen ein. Nach Mitteilung der CDU erfüllte er damit einen Beschluss des Landesausschusses vom Vorabend. "Es ist traditionelle Gepflogenheit einer Demokratie, dass die Partei mit den meisten Wählerstimmen (...) beauftragt ist, den anderen Parteien Gespräche anzubieten", sagte Generalsekretär Michael Boddenberg.
Ypsilanti strebt Vieraugengespräche mit den Fraktionsvorsitzenden von FDP und Grünen an. Entsprechende Einladungen sind unterwegs. Die SPD sehe durchaus gemeinsame Interessen mit den Liberalen. Die Treffen sollten vertraulich bleiben.
Die Landtagsfraktionen von CDU und Grünen berieten in Wiesbaden über die Marschroute. Im Vordergrund steht dabei die Suche nach möglichen Regierungsbündnissen. Die Situation ist verfahren, weil nur eine große Koalition, eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP, eine Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen oder ein rot-rot- grünes Linksbündnis in Frage kommen. Jede dieser Varianten wird von wenigstens einem der erforderlichen Beteiligten abgelehnt.
Keine Große Koalition
SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti erklärte in Wiesbaden, der Ministerpräsident sei klar abgewählt worden. Sie sehe kaum eine Möglichkeit, die unterschiedlichen Programme von SPD und CDU zur Deckung zu bringen. Auch der SPD-Parteivorsitzende Kurt Beck sagte, auch eine große Koalition sei in Hessen "nicht vorstellbar". Allerdings sei dies "keine Prinzipienfrage wie bei den Linken". Der Mainzer Politikwissenschaftler Jürgen Falter hält eine große Koalition deshalb für "am wahrscheinlichsten", wie er der Hannoverschen "Neuen Presse" sagte. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) und Landesinnenminister Volker Bouffier (CDU) wiesen Spekulationen zurück, einer von ihnen könne in einer CDU-geführten Koalition an Kochs Stelle Ministerpräsident werden.
Nicht Rot-Rot-Grün
Die SPD lehnt eine rot-rot-grüne Koalition ebenso ab wie eine von der Linken tolerierte rot-grüne Minderheitsregierung. Beck sagte am Montag auf die Frage, ob es dabei bleibe: "Das ist so." Bundestagsfraktionschef Peter Struck äußerte sich in der "Berliner Zeitung" ähnlich und fügte mit Blick auf ein Tolerierungsmodell hinzu: "Davon halte ich gar nichts. Dann könnten die Linken uns mit Forderungen nach Gegenleistungen überziehen, die wir politisch nicht verantworten wollen. Wir brauchen eine stabile Mehrheit." Berlins Regierender Bürgermeister Wowereit sagte der "Süddeutschen Zeitung", die Linkspartei sei in Hessen nicht regierungsfähig. Dies gelte auch für Niedersachsen und für den Westen insgesamt, betonte der SPD-Politiker, der eine rot-rote Koalition führt.
Keine Ampel
Die FDP machte erneut klar, dass sie für eine Ampelkoalition von SPD, FDP und Grünen nicht zur Verfügung steht. Dies bekräftigten der Bundesvorsitzende Guido Westerwelle und Landespartei- und - fraktionschef Jörg-Uwe Hahn in Interviews. Auch der FDP-Landesvorstand beschloss das am Montagabend.
Nicht Jamaika
Ein ebenfalls mögliches Jamaikabündnis von CDU, FDP und Grünen schloss Hessens Grünen-Vorsitzender Tarek Al-Wazir aus. "Das ist klar, dass das nicht infrage kommt - auch aufgrund des Wahlkampfs, den die CDU in Hessen und Roland Koch insbesondere geführt hat". Er werde gern mit der CDU reden, "aber nicht, wenn es um Koalition geht".
FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte dazu der Heidelberger "Rhein-Neckar-Zeitung": "Wir sind immer bereit für Gespräche. Aber offenkundig verweigern sich die Grünen, obwohl sie sich als Wahlverlierer notwendigerweise bewegen müssten."
Quelle: ntv.de