Bund und Länder sind sich einig Endlager-Suche beginnt von vorn
09.04.2013, 19:24 Uhr
Alles auf Anfang: Der Bund und die Bundesländer einigen sich, die Suche nach einem Endlager für Atommüll neu zu starten. Im Juli soll dazu ein neues Gesetz beschlossen werden. Umweltminister Altmaier hofft endlich auf Frieden in der erbittert geführten Debatte.
Bund und Länder starten nach mehr als 30 Jahren bei der Suche nach einem Atommüll-Endlager neu durch. Ihre Vertreter einigten sich bei einem Gipfel in Berlin auf ein Verfahren, mit dem transparent und ohne Vorfestlegungen ein geeigneter Standort gefunden werden soll. Bundesumweltminister Peter Altmaier sagte: "Mit dem heutigen Tag besteht die Chance, dass wir zu einer Befriedung dieser Debatte beitragen."
Das Endlagersuchgesetz soll bis zum 5. Juli von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. Damit könnten dann in den nächsten 15 Jahren bundesweit mehrere Alternativen zu Gorleben geprüft werden - der umstrittene Salzstock in Niedersachsen wird aber nicht von der Suche ausgeklammert. Ausgeschlossen ist lediglich, die Abfälle einfach weit wegzuschaffen. "Wir werden die Abfälle nicht in das Ausland exportieren", sagte der CDU-Politiker Altmaier.
Spätestens bis zum Jahr 2031 soll das deutsche Endlager für hochradioaktive Abfälle gefunden sein. Weitere Jahre wird der Bau einer solchen Anlage in Anspruch nehmen. Altmaier rechnet mit Kosten von rund zwei Milliarden Euro, die die Atomkonzerne tragen sollen. Sie haben bereits 1,6 Milliarden Euro in die Erkundung Gorlebens investiert, für dessen Untauglichkeit sie keine klaren Belege sehen.
Keine Transporte nach Gorleben
Nun soll eine Kommission eingerichtet werden. Darin sollen 24 Vertreter aus Politik, den Kirchen und Verbänden sitzen. Sie sollen Grundlagen für ein neues Suchverfahren erarbeiten. Bis dahin soll es keine Atommüll-Transporte mehr nach Gorleben geben. Die noch ausstehenden Castor-Behälter mit Atommüll sollen an anderen Standorten nahe bestehender Atommeilern zwischengelagert werden.
Schleswig-Holstein ist nach den Worten seines Umweltministers Robert Habeck bereit, am Kraftwerksstandort Brunsbüttel Castoren ersatzweise zwischenzulagern. "Wir sind bereit, einen Teil der Last zu tragen, wenn auch andere Länder dazu bereit sind", sagte er. Es müssten sich mindestens noch zwei weitere Zwischenlager-Standorte finden, ergänzte der Minister. Niedersachsen Ministerpräsident Stephan Weil versicherte indes, sein Bundesland werde den Konsens mitvertreten. Niedersachsen ist mit dem künftigen Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle, Schacht Konrad in Salzgitter, und den Erfahrungen mit dem maroden Atommüll-Lager Asse sowie mit dem Streit um Gorleben besonders von der betroffen.
Alles von vorn - und viele Fragen offen
Dabei ist neuer Streit schon vorprogrammiert: Werden Bundestag und Bundesrat die Empfehlungen der Endlager-Kommission durchwinken? Wer sollen überhaupt die 24 Mitglieder des Gremiums werden? Kommen vier, fünf oder mehr Standorte in die engere Wahl? Wie reagieren die Bürger, wenn vor ihrer Haustür Geologen mit der Erkundung beginnen? Und schließlich: Werden die Energiekonzerne Zusatzkosten von mehr als zwei Milliarden Euro schlucken?
Schließlich schwebt noch immer der Name Gorleben über der gesamten Debatte: Schon SPD und Grüne waren sich uneins, was mit dem Salzstock passieren soll. Altmaier rang dem neuen niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil von der SPD und dessen grünem Umweltminister Stefan Wenzel die Zusage ab, dass Gorleben beim Neustart der Suche einbezogen werden darf. Beide setzen nun darauf, dass die Endlager-Kommission Gorleben den Garaus macht.
SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach von einer historischen Entscheidung. Deutschland komme nun aus der "Sackgasse Gorleben" raus und auch der "fürchterliche Weg" des Atommülls ins Ausland werde verhindert.
Atomkraftgegner fordern seit Jahren ein sofortiges Aus für Gorleben - und zeigten am Rande des Berliner Gipfels Flagge: Vor der niedersächsischen Landesvertretung demonstrierten etwa 100 Menschen.
Quelle: ntv.de, jtw/rts/dpa