Politik

Merkel in Lateinamerika Energieabkommen unterzeichnet

Zum Auftakt ihrer ersten Lateinamerika-Reise hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Brasilien nachdrücklich für die Herstellung von Biosprit ohne weitere Abholzung des Regenwaldes eingesetzt. Die Gewinnung von Bioethanol und der Erhalt des Waldes seien kein Gegensatz, sagte Merkel in der brasilianischen Hauptstadt Brasilia. Brasilien ist nach den USA der weltgrößte Produzent von Biosprit.

Brasiliens Präsident Luiz Incio Lula da Silva verteidigte nach dem Gespräch mit Merkel die Biosprit-Produktion gegen die Vorwürfe aus Europa. Die Herstellung von Ethanol habe keine negativen Umweltfolgen, sagte Lula. Er verwies auf ein neues Umweltgütesiegel für die Produktion. Dieses berücksichtige auch den Respekt vor Arbeitsbedingungen.

Biosprit-Konferenz

Lula lud die internationale Staatengemeinschaft zu einer Konferenz im November dieses Jahres in sein Land ein. Brasilien sei bereit, sich in jedem Forum zu den Fragen wie der Umweltverträglichkeit zu äußern. Dies gelte auch für den Vorwurf, dass der Biospritanbau zu Lasten der Lebensmittelproduktion gehe. Die Kanzlerin bot dem brasilianischen Präsidenten eine Partnerschaft zur Lösung der anstehenden Fragen an.

Kritik an Abkommen

Indes verstärkte sich in Deutschland die Kritik an einem Abkommen zwischen Brasilien und Deutschland, das während des Merkel-Besuchs unterzeichnet wurde und Grundlage für die Biosprit-Kooperation sein soll. Mit Hilfe dieser Vereinbarung über erneuerbare Energien will die Bundesregierung Brasilien in den kommenden Jahren dazu bewegen, beim Anbau von Zuckerrohr zur Ethanol-Gewinnung auf die Rodung des Regenwalds zu verzichten. Außerdem solle die Produktion von Nahrungsmitteln nicht vernachlässigt werden, hieß es aus der deutschen Delegation.

Die stellvertretende Grünen-Fraktionschefin Bärbel Höhn, die Merkel begleitet, forderte Nachbesserungen an dem Abkommen. Sie befürchtete, dass durch die Biokraftstoff-Produktion in den kommenden Jahren "Fakten gegen den Regenwald geschaffen werden". Lula sagte hingegen, dass die Rodung des Regenwalds in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen sei.

Weitgehende Kooperationen

Nach dem Abkommen wolle beide Länder über den Biosprit hinaus auch bei der Erforschung und Anwendung anderer Arten von erneuerbaren Energien kooperieren. Brasilien hatte erst in letzter Minute der Bildung einer Arbeitsgruppe aus beiden Ländern zugestimmt.

In dieser könnten auch die Arbeitsbedingungen für die Plantagenarbeiter zur Sprache kommen. Sie sollen zum Teil zu menschenunwürdigen Niedrigstlöhnen beschäftigt werden. Vertreter der brasilianischen Landarbeitergewerkschaft und der Kirchen unterstrichen in einem Gespräch mit Merkel diese Vorwürfe, hieß aus Delegationskreisen. Lula sagte hingegen, dass vom Biospritanbau vor allem auch kleinere Betriebe profitierten.

Regenwälder zerstört

Auch internationale kirchliche Hilfswerke und entwicklungspolitische Verbände wie "Brot für die Welt" und Oxfam warnten in einer Erklärung vor der "Gefahr steigender Einfuhren von Agrosprit". Die Produktion von Biosprit gehe nach verschiedenen Untersuchungen mit schweren Menschenrechtsverletzungen einher, treibe die Lebensmittelpreise in die Höhe und zerstöre die Wälder.

Unterdessen trat die brasilianische Umweltministerin Marina Silva, die sich immer wieder für den Schutz des Amazonas-Regenwaldes engagiert hat, am Dienstag zurück. Gründe für ihren Rückzug aus der Regierung nannte die 50-Jährige zunächst nicht.

Strategische Partnerschaft festigen

Brasilien ist die erste Station der insgesamt siebentägigen Lateinamerika-Reise Merkels, der längsten Auslandsreise in ihrer bisherigen Amtszeit. Die letzte Reise eines Bundeskanzlers nach Lateinamerika liegt schon sechs Jahre zurück. 2002 besuchte Gerhard Schröder den Subkontinent. Als Ziel ihrer Reise nannte Merkel, die strategische Partnerschaft mit Lateinamerika zu festigen.

Merkel ging zu Beginn ihrer Südamerika-Reise nicht auf die Attacken des venezolanischen Präsidenten Hugo Chvez ein. Er hatte die Kanzlerin in die Nähe von Adolf Hitler gerückt. Grund war, dass Merkel Chvez abgesprochen hatte, für ganz Lateinamerika zu sprechen.

Am Donnerstag reist Merkel in die peruanische Hauptstadt Lima, wo sie am EU-Lateinamerika-Gipfel teilnimmt, zu dem 27 europäische und 33 lateinamerikanische Delegationen erwartet werden. Dort könnte sie auch auf Chvez treffen.

Quelle: ntv.de

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