Politik

Häftlinge werden gestapelt Englands Gefängnisse sind voll

Kritiker sprechen von "menschlichen Lagerhäusern", die Behörden arbeiten Notfallpläne aus: Englands Gefängnisse sind fast voll, die Behörden sprechen von einer "noch nie dagewesenen Situation". Nach den Krawallen steigt die Zahl der Häftlinge täglich um rund 100.

Prinz William und seine Frau Kate besuchen ein Gemeindezentrum in Birmingham.

Prinz William und seine Frau Kate besuchen ein Gemeindezentrum in Birmingham.

(Foto: dpa)

Die Zahl der Häftlinge in englischen Gefängnissen steigt nach den Krawallen immer weiter und treibt die Einrichtungen an die Grenze ihrer Kapazität. Die Gesamtzahl der Insassen in England und Wales sei in der vergangenen Woche täglich um rund 100 auf fast 86 700 gewachsen, teilte das Justizministerium mit. Damit ist die Obergrenze beinahe erreicht. Insgesamt ist in den Haftanstalten Platz für rund 88.000 Menschen.

Jugendliche und Kinder, die in besondere Heime und Einrichtungen kommen, sind in die Zahlen nicht eingerechnet. Unter den Festgenommenen waren bisher aber zahlreiche Randalierer unter 18 und sogar Kinder von gerade mal 11 Jahren.

2800 Festnahmen

Die Regierung hatte nach den Krawallen und Plünderungen, bei denen fünf Menschen ums Leben kamen, gesagt, es sei ausreichend Platz in den Gefängnissen. Allein in London sind seit Ausbruch der Gewalt vor zwei Wochen 1800 Menschen festgenommen worden. Insgesamt sind es rund 2800.

Die Haftanstalten sähen sich einer "noch nie dagewesenen Situation" gegenüber, hieß es von der zuständigen Behörde. Man sei dabei, Notfallpläne zu entwickeln, um mehr Platz zu schaffen, falls weitere Plätze benötigt würden.

Keine Kaution

Etwa 1300 Festgenommene sind bislang in Schnellverfahren vor Gericht gestellt worden und warten nun meist auf ihren nächsten Prozesstermin. Die Gefängnisse sind auch deshalb zum Bersten voll, weil rund zwei Drittel der Angeklagten bis zum nächsten Prozesstag in Haft bleiben müssen. Sonst ist es in ähnlichen Fällen oft üblich, dass sie auf Kaution auf freien Fuß dürfen.

Im vergangenen Jahr war nur jeder Zehnte in ähnlichen Umständen festgehalten worden. Die Justiz steht wegen harter Rechtsprechung mit Blick auf die Randalierer in der Kritik.

"Menschliche Lagerhäuser"

"Der schnelle Anstieg der Zahl der Häftlinge führt dazu, dass Bereiche unserer Haftanstalten menschliche Lagerhäuser werden, die zu nicht viel mehr da sind, als die Leute in überfüllten Bedingungen zusammenzupferchen", sagte Geoff Dobson von der Organisation Prison Reform Trust, die sich für bessere Haftbedingungen einsetzt. Viele bislang nicht auffällige Täter könnten dadurch kriminalisiert werden.

Auch der konservative Arbeitsminister Iain Duncan Smith warnte vor zu strengen Urteilen. Großbritannien könne auf die Probleme hinter den Krawallen nicht einfach nur mit Festnahmen reagieren, schrieb er in der Zeitung "The Guardian". Stattdessen müsse untersucht werden, warum Jugendliche sich in Banden zusammenschließen und was man dagegen tun kann.

Unterdessen besuchten Prinz William und seine Frau Kate Opfer der Krawalle in Birmingham. Unter anderem traf sich das Paar mit den Familien von drei jungen Männern, die während der Gewalt am vorvergangenen Mittwoch von einem Auto überrollt und getötet worden waren. In den Tagen zuvor hatten auch Williams Bruder Prinz Harry sowie dessen Vater Prinz Charles mit seiner Frau Camilla Schauplätze der Unruhen besucht und mit den Menschen vor Ort gesprochen.

Quelle: ntv.de, dpa

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