Von argentinischer Junta geraubt Enkel nach 36 Jahren gefunden
06.08.2014, 07:30 Uhr
Estela de Carlotto freut sich: Sie hat ihren Enkel wiedergefunden.
(Foto: REUTERS)
Etwa 500 Kinder wurden während der argentinischen Diktatur aus politischen Gründen ihren Familien entrissen. Nur wenige von ihnen kennen ihre wahre Herkunft. Eine Großmutter sieht nun jedoch nach mehr als drei Jahrzehnten ihren Enkel wieder.
Die Gründerin einer argentinischen Menschenrechtsgruppe hat ihren vor 36 Jahren von den Militärs geraubten Enkel wiedergefunden. Die Identität des Mannes sei bei einem Gentest festgestellt worden, sagte die 83-jährige Estela de Carlotto in Buenos Aires. "Ich danke euch allen, Gott und dem Leben, denn ich wollte ihn noch einmal in die Arme nehmen, bevor ich sterbe", erklärte sie im Hauptquartier ihrer Organisation "Großmütter der Plaza de Mayo".
Ihre Tochter Laura war 1977 von der rechtsgerichteten Militärjunta in ein Gefangenenlager gesteckt worden, sie war damals im dritten Monat schwanger. Zwei Monate nach der Geburt ihres Sohnes Guido wurde sie getötet. Das Baby wurde von einem Militärangehörigen an eine Familie übergeben, die es nach de Carlottos Angaben vermutlich ohne Wissen um seine genaue Herkunft aufnahm.
Der inzwischen 36-Jährige lebt als Ignacio Hurban in Olavarría, 350 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Buenos Aires. Nach Angaben der Justiz und von Angehörigen unterzog er sich freiwillig einem Gentest, um seine Herkunft zu klären. "Er ist sehr glücklich und aufgewühlt, wir werden ihn bald sehen", sagte seine Tante Claudia Carlotto.
Diktatoren verurteilt
In der Zeit der Militärdiktatur von 1976 bis 1983 raubte die Junta etwa 500 Kinder von Regimekritikern. Carlottos Enkel ist das 114. von ihnen, das von den Familien wiedergefunden wurde. Die "Großmütter der Plaza de Mayo" und die Schwesterorganisation "Mütter der Plaza de Mayo" führen die landesweite Suche nach den geraubten Kindern an.
Die früheren Diktatoren - Jorge Rafael Videla und Reynaldo Bignone - wurden 2012 wegen Babyraubes zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Sie wurden schuldig gesprochen, während der Diktatur Kinder inhaftierter Regimegegner systematisch geraubt und unter falschem Namen an regierungstreue Familien gegeben zu haben.
Gegen Ex-General Videla, der im Mai vergangenen Jahres im Gefängnis starb, verhängte damals das Bundesgericht in Buenos Aires eine Gefängnisstrafe von 50 Jahren. Bignone sitzt derzeit eine 15-jährige Strafe ab.
Quelle: ntv.de, mli/AFP