Proteste gegen Umgestaltung des Gezi-Parks Erdogan schlägt ein Referendum vor
12.06.2013, 22:10 Uhr
Auch am Tag nach dem Großeinsatz waren wieder Demonstranten auf dem Taksim-Platz.
(Foto: REUTERS)
Seit fast zwei Wochen protestieren Demonstranten in der Türkei gegen ein Bauprojekt. Die Polizei geht brutal gegen sie vor. Nun schlägt Ministerpräsident Erdogan eine Abstimmung vor. Doch um die Umgestaltung des Gezi-Parks geht es längst nicht mehr.
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat im Streit um das Bauprojekt im Gezi-Park vorgeschlagen, die Istanbuler entscheiden zu lassen. "Wir könnten dazu ein Referendum in Istanbul abhalten", sagte Regierungssprecher Huseyin Celik nach einem Treffen zwischen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und elf von ihm ausgewählten Vertretern der landesweiten Protestbewegung. "In einer Demokratie zählt nur der Wille des Volkes", fuhr Celik fort.
Zugleich forderte Celik, der auch Vize-Ministerpräsident ist, die Demonstranten im Gezi-Park auf, diesen "so schnell wie möglich" zu verlassen. "Wir können nicht akzeptieren, dass diese Demonstrationen ewig weitergehen", sagte er.
Erdogans Pläne im Gezi-Park denNachbau einer osmanischen Kaserne errichten zu lassen, standen am Anfang der seit fast zwei Wochen andauernden Massenproteste in der Türkei. Zunächst protestierten die Demonstranten gegen die geplante Umgestaltung des Geländes. Inzwischen steht jedoch Erdogans Regierung im Zentrum der Kritik. Beim gewaltsamen Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten gab es seit Ende Mai vier Tote und laut Ärzteorganisationen rund 5000 Verletzte.
UN zeigt sich besorgt
Erst am Dienstag war die Polizei brutal gegen Demonstranten auf dem angrenzenden Taksim-Platz vorgegangen. Augenzeugen berichteten, dass die Polizei mit Tränengas und aus Wasserwerfen in eine große Kundgebung der Protestbewegung feuerte. Der Großeinsatz hatte die Lage nach zehn Tagen wieder eskalieren lassen.
Erdogan hatte am Tag danach Künstler, Wissenschaftler und Personen des öffentlichen Lebens zu einem als informell bezeichneten Gespräch über die Protestbewegung getroffen. Allerdings fehlten wichtige Organisatoren der Proteste, wie die Taksim-Plattform, die vor einigen Tagen mit Erdogans Stellvertreter Bülent Arinc gesprochen hatten.
Ungeachtet scharfer Warnungen der Regierung versammelten sich auch am Tag nach dem Großeinsatz mehr als zehntausend Protestierer auf dem zentralen Taksim-Platz, wie Augenzeugen berichteten. International wuchsen Kritik und Sorge. Die Vereinten Nationen und die US-Regierung mahnten den Schutz der Grundrechte und einen Dialog an. Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert "konstruktive Gespräche durch Besonnenheit aller Seiten".
Quelle: ntv.de, AFP/dpa