Politik

Abschied mit Selbstkritik Ernst warnt vor "Wahlbetrug"

Klaus Ernst: glücklos im Amt.

Klaus Ernst: glücklos im Amt.

(Foto: dapd)

Linke-Chef Ernst macht Schluss mit seinem Job - die Partei wählt einen neuen Vorstand, er kandidiert nicht mehr. Seine Abschiedsrede ist gewohnt deutlich, aber auch voller Selbstkritik. Ernst jedoch warnt seine Partei vor dem endgültigen Auseinanderbrechen.

Mit einer krachenden, aber auch nachdenklichen Rede hat sich Linkspartei-Chef Klaus Ernst von seiner Aufgabe verabschiedet. Beim Parteitag in Göttingen nutzte er seine Eröffnungsrede für eine Abrechnung mit seinen innerparteilichen Gegnern – übte sich aber auch in starker Selbstkritik. Ernst sagte vor den rund 550 Delegierten, die Partei verursache angesichts von 9000 verlorenen Mitgliedern und aufgelösten Kreisverbänden bei ihm "schlaflose Nächte".  Ihn schmerze der zerstrittene Zustand: "So werden wir den Anforderungen nicht gerecht."

Ernst weiter: "Es gibt Zerfallserscheinungen in unserer Partei." Es  sei nicht gelungen, ein starkes Zentrum der Partei aufzubauen. "Momentan driftet der Laden auseinander." Im Westen sei die Partei  "krachend" aus den Landtagen geflogen, auch "im Osten bröckeln  unsere Umfragewerte".

Ernst betonte gleich zwei Mal, auch er habe Fehler gemacht. Statt sich um Armut, prekäre Beschäftigung und den Mindestlohn zu kümmern, habe man sich mit einem Brief an Castro, einer Kommunismus-Debatte und einer Antisemitismus-Diskussion verzettelt. "Wir haben das Vertrauen selbst verspielt."  Ernst kritisierte jedoch, dass führende Parteikollegen den Streit nicht persönlich über das Telefon, sondern öffentlich über die Medien ausgetragen hätten. "Das ist keine Solidarität", so der Bayer. "Wer die eigene Partei öffentlich schlecht redet, ist nicht Lösung des Problems, sondern trägt zu den Problemen bei."

Bei der Gelegenheit dankte er seiner ehemaligen Co-Chefin Gesine Lötzsch. Die Konflikte mit ihr seien trotz aller Differenzen nie nach außen gedrungen. Seine persönliche Zukunft ließ Ernst offen. Wie n-tv.de aber aus dem inneren Parteikreis erfuhr, strebt er kein weiteres Parteiamt mehr an, sondern orientiert sich gänzlich um.

Ernst rief die Delegierten auf, unbedingt Geschlossenheit herzustellen. "Wir haben bei der Gründung eine gemeinsame Linke versprochen. Wenn wir jetzt auseinandergehen, machen wir einen Wahlbetrug." Europa aber brauche im Strudel der Finanzkrise eine starke Linke, so der scheidende Parteichef. "Die Linke muss eine anti-neoliberale  Massenbewegung sein." Sie sei für die da, die den Besitz der Reichen erwirtschafteten.

Ernst bekam nach seiner Rede Dankesworte zu hören. Dafür traten Fraktionschef Gregor Gysi und Linke-Gründungsvater Lafontaine gemeinsam auf die Bühne. Gysi: "Er ist ein Freund von mir. Ich habe mich am meisten mit ihm gestritten. Dass man beides kann, das geht - finde ich - schwer in Ordnung. Das müssen wir unserer Partei unbedingt zeigen." Lafontaine dankte Ernst für dessen Anteil am Entstehen der Linken. Wenn Ernst mit anderen nicht die Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) gegründet hätte, wäre diese Partei gar nicht entstanden. Ernst war wiederholt wegen eines gehobenen Lebensstils mit Porsche und Berghütte kritisiert worden. Darauf anspielend meinte Lafontaine: "Der Sozialismus ist nicht ein Lehre der hängenden Mundwinkel, der Sozialismus ist eine Lehre der Lebensfreude."

Quelle: ntv.de

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