Politik

Nach Stoibers Nominierung Erste Querschläge

Friede, Freude, Eierkuchen - diesen Eindruck versuchen CDU und CSU nach der Nominierung Edmund Stoibers (CSU) zum gemeinsamen Kanzlerkandidaten öffentlich zu vermitteln. Doch hinter den Kulissen beginnt es offenbar zu rumoren. Mehrere Präsidiumsmitglieder der CDU sollen nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" vor einem zu großen Einfluss der bayerischen Schwesterpartei gewarnt haben.

Laut dem Blatt sagte Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU), wenn man so manchem in der CSU die Hand gebe, müsse man anschließend darauf achten, "ob noch alle fünf Finger dran sind". Koch, der eigentlich als Unterstützer Stoibers in der "K-Frage" galt, wolle gemeinsam mit Niedersachsens CDU-Chef Christian Wulff und dem CDU-Vorsitzenden von Rheinland-Pfalz, Christoph Böhr, einen Vorschlag zur besseren Einbindung Stoibers unterbreiten. Um dem CSU-Chef jederzeit auf die Finger schauen zu können, solle ihm ein "ständiges Gastrecht" im CDU-Präsidium gegeben werden.

Geschlossenheit im Rampenlicht

In der Öffentlichkeit ist bislang von solchen Reibereien nichts zu sehen. Nach seinem Besuch bei der Sitzung des CDU-Bundesvorstands hatte Stoiber erklärt: „Die Botschaft aus Magdeburg ist das große Einvernehmen, die Geschlossenheit und Siegeszuversicht.“

Stoiber bekräftigte, dass die Union den politischen Gegner an dessen Versprechungen von 1998 messen werde. Er hob dabei vor allen Dingen auf die Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik sowie auf die Finanz- und Steuerpolitik ab. Deutschland müsse vom letzten Platz in der Euro-Liga wieder wegkommen. Mit Blick auf die anstehenden Wahlen in Sachsen-Anhalt sagte Stoiber, um in Europa wieder vorne mitzuspielen, sei es auch notwendig, dass die Kluft zwischen den neuen und alten Bundesländern wieder kleiner werde.

Wahlkampfvorbereitungen

CDU und CSU wollen schon in den nächsten Wochen ein Schattenkabinett und ein Wahlprogramm vorstellen. In dem „Kompetenzteam“ würden CDU und CSU jeweils für einzelne Posten ein Vorschlagsrecht haben, sagte CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer zum Abschluss der CDU-Vorstandsklausur in Magdeburg.

Es werde in dem Team keine doppelte Besetzung einzelner Posten geben. Jede der beiden Parteien werde das Vorschlagsrecht für den ihr zustehenden Teil der Mannschaft haben. Meyer betonte zugleich, Stoiber werde in allen Bundesländern außerhalb Bayerns als Kandidat der CDU auftreten, nur im Freistaat als Kandidat der CSU.

Schattenkabinett

Nach einem Bericht der „Leipziger Volkszeitung“ sind die wichtigsten Ressorts in Stoibers Schattenkabinett bereits verteilt. Unionsfraktionchef Friedrich Merz solle als eine Art „Schatten-Superminister“ für Wirtschaft und Finanzen nominiert werden. Der CSU-Sozialexperte Horst Seehofer betreue die Bereiche Arbeit, Soziales und Gesundheit. Der CDU-Politiker Volker Rühe übernehme die Ressorts Außen- und Sicherheitspolitik; in der Innenpolitik sollen sich der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) und Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) profilieren.

Stoiber reaktionär?

SPD-Generalsekretär Franz Müntefering warf Stoiber in der ARD vor, mit seinen Plänen, im Falle eines Wahlsiegs die Ökosteuer und den Atomausstieg rückgängig zu machen, erweise er sich als "reaktionär". Mit seiner Ankündigung, das Betriebsverfassungsgesetz erneut zu reformieren, stifte Stoiber sozialen Unfrieden.

Noch heftiger attackierte Müntefering den CSU-Chef in der Arbeitsmarktpolitik. Stoiber habe gelogen, als er sagte, die Job-Situation sei heute schlechter als 1998, als Rot-Grün die von Union und Liberalen geführte Regierung ablöste. 2001 habe es vielmehr 427.000 Beschäftigte mehr gegeben als 1998, sagte Müntefering.

Schröders Reaktion

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) erwartet nach der Unions-Entscheidung für Edmund Stoiber als Kanzlerkandidat einen polarisierenden Wahlkampf. „Ein Kandidat Stoiber wird die Gesellschaft polarisieren“, sagte der Kanzler dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Das Ringen um den Unionskandidaten sei mit einer „inhaltlichen wie personellen Übernahme der CDU durch die CSU“ beendet worden. Ein Angstgegner für ihn sei Stoiber nicht, sagte Schröder: „Er gehört zum Spitzenpersonal der Kohl-Ära und genau dorthin will er zurück.“

Gute Umfragewerte

Bei den Bundesbürgern stößt die Nominierung Stoibers einer Umfrage des Forschungsinstitus Forsa zufolge auf ein geteiltes Echo. 48 Prozent hätten die Entscheidung für Stoiber begrüßt, 38 Prozent hielten die Nominierung des CSU-Chefs für falsch. Vorbehalte gegen Stoiber hätten vor allem Frauen und Menschen in den ostdeutschen Bundesländern.

In der Kanzlerfrage rücke Stoiber jedoch deutlich an Schröder heran. 38 Prozent würden den Bayern als Kanzler bevorzugen, während sich 41 Prozent für Schröder aussprächen.

Quelle: ntv.de

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