Deutschland geht vorerst leer aus Europas neues Führungsduo
19.11.2009, 18:06 UhrDer EU-Sondergipfel wählt einstimmig den belgischen Regierungschef Van Rompuy zum neuen Ratspräsidenten. Überraschend bekommt mit der britischen EU-Handelskommissarin Ashton eine Frau das Amt der "EU-Außenministerin". Der Vertraute von Bundeskanzlerin Merkel, Uwe Corsepius, kommt erst in ein eineinhalb Jahren zum Zuge.

Van Rompuy ist erst seit knapp einem Jahr Ministerpräsident in Belgien. Ashton ist seit Sommer 2008 als Handelskommissarin in der EU-Politik tätig.
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Die neuen Spitzenposten werden durch den EU-Reformvertrag von Lissabon geschaffen, der am 1. Dezember in Kraft tritt. Der Präsident des Europäischen Rats, Herman Van Rompuy, wird in den kommenden zweieinhalb Jahren die Gipfel der EU leiten. Catherine Ashton übernimmt den Posten als Hohe Vertreterin für die Außen- und Sicherheitspolitik. Sie ist damit zugleich Vize-Präsidentin der EU-Kommission.
Er nehme das Amt des Ratspräsidenten "mit Überzeugung und Enthusiasmus" an, sagte Van Rompuy. Europa müsse "eine wichtige Rolle in der Welt spielen". Eine wichtige Herausforderung seien die internationalen Verhandlungen über ein neues Klimaabkommen im Dezember in Kopenhagen. Der flämische Christdemokrat Van Rompuy regiert sein Land erst seit knapp einem Jahr. Der 62-Jährige hat sich als besonnener Streitschlichter zwischen Flamen und Wallonen einen Namen gemacht.
Ashton sagte, sie fühle sich "geehrt und privilegiert", die EU künftig als Hohe Vertreterin für die Außen- und Sicherheitspolitik zu vertreten. Damit habe die EU auch die Fähigkeiten von Frauen anerkannt. Die sozialdemokratisch regierten Länder hatten sich kurz vor dem Gipfel auf Ashton verständigt. Die 53-jährige Adelige - ihr Titel lautet Baronin von Upholland - ist seit rund einem Jahr Handelskommissarin.
Postenschacher auf höchstem Niveau
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sprach von einer "ausgewogenen Entscheidung". Er verwies auf die informellen EU-Absprache, wonach die Linken in Europa Anspruch auf den Posten des EU-Außenministers hatten, während die Konservativen den neuen EU-Ratspräsidenten stellen. London ließ nach der Einigung auf Ashton seine Unterstützung für den ehemaligen britischen Premierminister Tony Blair als Ratspräsident fallen.
Merkel-Vertrauter kommt später zu Ehren
Merkel begrüßte, dass die Personalentscheidungen im Konsens gefallen seien. Vorwürfe, die EU habe sich für ein schwaches Spitzenteam entschieden, wies Merkel zurück. "Ich gehöre zu den Menschen die wissen, dass Persönlichkeiten in Aufgaben hineinwachsen können", sagte die Kanzlerin.

Uwe Corsepius darf in eineinhalb Jahren ran.
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Der Franzose Pierre de Boissieu bleibt für weitere zwei Jahre Generalsekretär des EU-Ministerrats. Damit schien der Europaexperte im Berliner Kanzleramt, Uwe Corsepius, vorerst aus dem Rennen. Nun soll Corsepius aber im Sommer 2011 den Posten Boissieus übernehmen, wenn dieser in eineinhalb Jahren altersbedingt ausscheidet. Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy nickte diese Personalplanung ab. Frankreich werde auf jeden Fall einen deutschen Vorschlag für diesen hohen Brüsseler Beamten-Posten unterstützen, sagte er.
Der Generalsekretär ist eine Schlüsselposition bei der Verteilung von Projekten der Staats- und Regierungschefs und der Formulierung von Kompromissen bei Streitthemen zwischen den 27 EU-Ländern.
Corsepius arbeitet seit der Zeit von Helmut Kohl im Kanzleramt. Unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) wechselte er in die Europa-Abteilung der Regierungszentrale. Merkel machte ihn dann zu Beginn ihrer Amtszeit zu ihrem europapolitischen Chefberater und "Sherpa" (Unterhändler).
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts