Lubanga-Prozess in Den Haag Ex-Kindersoldat sagt aus
28.01.2009, 16:53 UhrIm Kriegsverbrecher-Prozess gegen den früheren kongolesischen Milizenchef Thomas Lubanga hat ein ehemaliger Kindersoldat ausgesagt. Der zu seinem Schutz vor den Zuschauerblicken abgeschirmte Zeuge schilderte vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag mit technisch verfremdeter Stimme, wie Männer der Lubanga-Miliz ihn auf dem Nachhauseweg von der Schule packten und in ein Lager brachten. Die Männer hätten Uniformen von Lubangas Union Kongolesischer Patrioten (UPC) getragen und gesagt, die Jugend müsse zur Rettung des von Unruhen erschütterten Landes beitragen.
Er sei damals Schüler der fünften Grundschulklasse und noch sehr jung gewesen, sagte der Zeuge, dessen Namen nicht genannt wurde, in seiner Muttersprache Suaheli. An das Datum seiner Zwangsrekrutierung und sein genaues Alter zu dem Zeitpunkt könne er sich nicht erinnern.
Der Prozess gegen Lubanga war am Montag eröffnet worden. Er ist der erste mutmaßliche Kriegsverbrecher, dem vor dem IStGH der Prozess gemacht wird. Dem heute 48-Jährigen wird vorgeworfen, zwischen September 2002 und August 2003 für den Bürgerkrieg in der ostkongolesischen Provinz Ituri hunderte Kinder für die UPC-Miliz zwangsrekrutiert und diese zu Verbrechen gezwungen zu haben. Chefankläger Luis Moreno-Ocampo will dafür eine Strafe von bis 30 Jahren Haft verlangen. Im Ituri-Konflikt wurden nach UN-Schätzungen zwischen 1999 und 2003 mehr als 60.000 Menschen getötet, Hunderttausende wurden von rivalisierenden Milizen in die Flucht getrieben.
Lubanga sei verantwortlich dafür, dass Kinder seines Hema-Volkes, die teils gerade erst zehn Jahre alt waren, unter der Androhung getötet zu werden, in den Kampf gegen Angehörige des verfeindeten Lendu-Volkes getrieben wurden. "Sie können nicht vergessen, dass sie missbraucht wurden und missbraucht haben", sagte Moreno-Ocampo zu Beginn der Anhörung über das Schicksal der Kindersoldaten. Sie seien zu Mord, Vergewaltigung und Plünderungen gezwungen worden. Noch immer litten die Heranwachsenden unter den Gräueltaten. Viele von ihnen seien heute drogenabhängig oder prostituierten sich.
Lubanga plädierte zum Prozessauftakt auf nicht schuldig.
Die Rekrutierung von Kindersoldaten ist unter anderem in Zusatzprotokollen der Genfer Konventionen verboten worden. Laut UN-Kinderhilfswerk UNICEF gibt es derzeit weltweit 250.000 Kindersoldaten, hauptsächlich in Afrika und in Asien.
Quelle: ntv.de