Rückschlag für Aussöhnung mit Taliban Ex-Präsident stirbt bei Anschlag
20.09.2011, 18:46 Uhr
Gesicht der Aussöhnung: Rabbani im März 2011.
(Foto: dpa)
Afghanistans ehemaliger Präsident Rabbani wird bei einem Anschlag in Kabul von einem Selbstmordattentäter getötet. Das Attentat ist ein schwerer Verlust für den Aussöhnungsprozess mit den Taliban. Als Chef des Friedensrats wollte Rabbani Taliban-Führer zum Ausstieg bewegen. Die radikalen Islamisten hatten ihn 1996 aus dem Amt gejagt.
Schwerer Rückschlag für eine Aussöhnung der Afghanen: Bei einem Bombenanschlag in Kabul ist der frühere Präsident Burhanuddin Rabbani getötet worden. Rabbani habe sich zur Zeit des Anschlags in seiner Wohnung mit zwei Vertretern der Taliban getroffen, hieß es aus Kreisen des Hohen Friedensrates. Ob diese beiden Taliban an dem Anschlag beteiligt waren, war noch nicht klar. Rabbani leitete den Friedensrat, der mit den Aufständischen Verhandlungen führt.
Rabbani sei einen "Märtyrertod" gestorben, sagte Mohammad Zahir, der Chef der Kriminalabteilung der Polizei in Kabul. "Ein als Besucher getarnter Selbstmordattentäter hat sich in die Luft gesprengt und ihn getötet". Zwei weitere Menschen seien bei dem Anschlag verletzt worden. Seine Ermordung sei ein schwerer Schlag für die Friedensbemühungen in Afghanistan, sagte das Mitglied des Friedensrates, Sadika Balkhi. Rabbani sei sehr erfolgreich in dem Bemühen gewesen, Taliban-Führer zum Aussteigen zu bewegen.
Grüne befürchten Verschlechterung
Rabbani führte im Auftrag von Präsident Hamid Karsai mit den Taliban Verhandlungen. Der Politiker und Theologe war 1996 von den Taliban zwar aus dem Präsidentenamt gejagt worden. Er hatte dieses Amt aber nach Lesart der Vereinten Nationen offiziell weiter inne, bis er es im Jahr 2001 an Karsai übergab. Das Taliban-Regime war nie offiziell anerkannt worden.
In Deutschland warnten die Grünen als Folge des Anschlags vor einer verschärften Sicherheitslage vor allem im Norden des Landes. "Das ist ein verheerender Rückschlag für den Friedens- und Annäherungsprozess", sagte der Sicherheitspolitik-Experte der Grünen-Fraktion, Omid Nouripour. Dies gelte gerade für den Norden, wo die Bundeswehr für die Sicherheit zuständig ist. Denn dort seien die Anhänger Rabbanis vorwiegend ansässig, die nun möglicherweise auf Vergeltung sinnen. "Der Gesprächsfaden mit ihnen muss verstärkt werden, so dass der Friedensprozess nicht zum Erliegen kommt", forderte Nouripour.
Rabbani hatte sich am "Heiligen Krieg" gegen die sowjetischen Besatzer von 1979 bis 1989 beteiligt. Nach dem Sturz des letzten Moskau treuen Regimes in Kabul 1992 wurde er Präsident. Während seiner Präsidentschaft galt er in Glaubensfragen als vergleichsweise liberal, erlaubte Frauen zu arbeiten und ermöglichte Mädchen den Zugang zu Bildung.
Teil der Nordallianz
In Folge war er auch in den Bürgerkrieg verstrickt, in dem die Hauptstadt zerstört wurde und mehr als 20.000 Menschen ums Leben kamen. Der frühere Mudschaaheddin-Kämpfer Rabbani wurde dann während des Taliban-Regimes einer der führenden Figuren der so genannten Nordallianz, die sich im Norden Afghanistans gegen die Taliban auflehnten.
Sein Haus steht in einem schwer bewachten diplomatischen Viertel in der Hauptstadt Kabul innerhalb der Grünen Zone. Das Gebiet wurde schon in der vergangenen Woche von Aufständischen angegriffen, die seit Jahren einen Krieg gegen die Zentralregierung in Kabul und westliche Truppen führen. Bei einem rund 19 Stunden dauernden Angriff vergangene Woche in der Nähe der US-Botschaft und des Hauptquartiers der NATO-geführten ISAF-Truppe waren mindestens 14 Afghanen, darunter drei Kinder, getötet worden.
Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP