"Von falscher Vorstellung ausgegangen" Experten bemängeln Enthaltung
19.03.2011, 10:35 UhrMit ihrer zurückhaltenden Libyen-Politik zieht die schwarz-gelbe Bundesregierung Unmut auf sich. Nach zahlreichen Negativ-Bewertungen aus der Politik monierte nun auch der Völkerrechtler Wolfgang Ischinger: Es wäre eleganter gewesen, Deutschland hätte im UN-Sicherheit zugestimmt.
Da weite Teile der Resolution von der Bundesregierung mitgetragen würden, hätte Deutschland im Sicherheitsrat zustimmen können, sagte der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz im Deutschlandradio Kultur. Dabei hätte man klar machen können, dass die Zustimmung prinzipiell gelte, die Beteiligung an einem möglichen Einsatz mit eigenen Soldaten aber nicht ins Auge gefasst werde.
Nach der vom UN-Sicherheitsrat verabschiedeten Resolution gibt es nicht nur ein Flugverbot über dem nordafrikanischen Land, um die Zivilisten vor der Luftwaffe des Machthabers Muammar al-Gaddafi zu schützen. Bis auf einen Einsatz von Bodentruppen ist militärisch fast alles erlaubt. Deutschland enthielt sich bei der Abstimmung.
Auch der SPD-Außenpolitiker Gernot Erler sprach von einer problematischen Entscheidung. Deutschland habe sich isoliert, sagte er im WDR. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sei bei seiner Entscheidung "von der falschen Vorstellung ausgegangen, eine Flugverbotszone würde automatisch auch einen Einsatz von Soldaten bedeuten", kritisierte der frühere Außen-Staatssekretär.
Der Außenminister verteidigte die Enthaltung Deutschlands: "Wir haben das sehr gründlich erwogen und eine grundsätzliche Entscheidung getroffen. Die gilt", sagte Westerwelle dem "Spiegel". Er sehe sich in einer Tradition der militärischen Zurückhaltung. Westerwelle äußerte Verständnis für die Bitte der Aufständischen in Libyen um Unterstützung. "Aber wieso hat der Westen die primäre Verantwortung und nicht die Staaten der Region, die Arabische Liga vor allem?"
Nach Aussage von Außenstaatsminister Werner Hoyer (FDP) will die Bundesregierung "jenseits des militärischen Engagements" alle Möglichkeiten nutzen, um das Blutvergießen in Libyen zu beenden. "Deshalb wird die EU auch aufgrund unseres Engagements am Montag eine dritte Sanktionsrunde gegen Libyen beschließen", sagte Hoyer dem "Hamburger Abendblatt". "Sobald der Weg für einen demokratischen Neubeginn offensteht, wird Deutschland sich ebenso engagiert und entschlossen einbringen wie gegenwärtig schon in Tunesien und Ägypten."
Quelle: ntv.de, dpa