Wenn das Geld nicht ausreicht Experten beraten über Altersarmut
06.09.2011, 15:17 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
In Berlin hat der "Regierungsdialog Rente" begonnen. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will mit Rentenexperten, Wissenschaftlern, Vertretern von Arbeitgebern, Gewerkschaften, Kommunen und Sozialverbänden über die Zukunft der Rente sprechen. Konkret geht es in den kommenden Wochen darum, wie die das Problem der Altersarmut abgemildert werden kann. Nachfolgend einige Fragen und Antworten:
Gibt es überhaupt ein Problem?
Derzeit noch nicht. Die Rente ist ein Spiegelbild des Arbeitslebens. Der großen Mehrzahl derer, die schon in Rente sind, geht es gut. Etwa zwei Prozent oder rund 400.000 Bundesbürger über 65 sind derzeit auf staatliche Unterstützung angewiesen, weil ihre Einkünfte nicht zum Leben reichen.
Bleibt das so?
Wohl kaum. Viele Jüngere haben bis zum gesetzlichen Ruhestand, der bis 2029 auf 67 Jahre angehoben wird, noch eine schwierige Wegstrecke vor sich. Die Zahl jener, die in , meist auch noch befristeten Jobs arbeiten, nimmt zu. In immer mehr Erwerbsbiografien finden sich Zeiten von Arbeitslosigkeit oder schlecht entgoltener Solo-Selbstständigkeit. Dazu sinkt auch noch das Rentenniveau.
Was bedeutet das?
Geringverdiener, Arbeitslose oder Solo-Selbstständige steuern auf Niedrig-Renten und Armut im Alter zu, weil sie nur wenig in die Rentenkasse einzahlen. Dabei werden die Renten in Zukunft noch stärker von den Löhnen abgekoppelt werden als bisher schon. Die Schere zwischen Erwerbseinkommen und gesetzlicher Rente öffnet sich also weiter. Bis zum Jahr 2025 sinkt das der Rente - gemessen am Einkommen eines Durchschnittverdieners - nach den Annahmen der Regierung auf 45,2 Prozent. Heute sind es noch 50,8 Prozent vor Steuern. Mehr Altersarmut droht vor allem im Osten.
Was ist mit der Absicherung bei Erwerbsunfähigkeit?
Wer dauerhaft nicht oder nur noch eingeschränkt arbeiten kann, bekommt eine vorgezogene Rente wegen Erwerbsminderung. Jedes Jahr trifft das etwa 180.000 Menschen. Wer unter 60 ist, muss Abschläge von bis zu 10,8 Prozent hinnehmen. Laut offizieller Statistik lag der Durchschnittszahlbetrag bei Erwerbsminderungsrenten im Westen zuletzt bei 722 Euro, im Osten bei 688 Euro - und damit schon heute deutlich unter der von der EU definierten Armutsrisikogrenze von 929 Euro. In Deutschland ist das Grundsicherungsniveau - also das Existenzminimum - derzeit bei 720 bis 740 Euro angesiedelt.
Was ist geplant?

Künftig werden mehr Rentner unter Altersarmut leiden.
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Nach dem Koalitionsvertrag von Union und FDP sollte sich eine "Regierungskommission" um das Thema Altersarmut kümmern. Dieses Gremium wird es nicht geben, stattdessen lädt Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nun zum "Regierungsdialog Rente" hinter verschlossenen Türen ein. Was sie den Teilnehmern vorstellen will, ist bislang noch nicht öffentlich. Die Ministerin setzt aber - wie es heißt - auf eine rentenrechtliche Höherbewertung von Niedrigbeiträgen von langjährig Beschäftigten, auf bessere Erwerbsminderungsrenten sowie flexiblere Hinzuverdienstgrenzen für Frührentner.
Bringt das was?
Wegen der Kosten dürfte von der Leyen nur behutsame, mit hohen Hürden verknüpfte Änderungen anpeilen - mit dann auch bescheidener Wirkung. Bei der "Rente nach Mindesteinkommen" für langjährige Geringverdiener ist entscheidend, nach wieviel Beitragsjahren Anspruch auf eine solche Garantierente besteht: Sind es 30,35,40 oder gar 45 Jahre? Jeder Schritt nach oben verringert die Zahl der Anwärter, macht damit die Sache für den Steuerzahler weniger kostspielig.
Was könnte bei den Erwerbsminderungsrenten geschehen?
Im Gespräch ist, die sogenannte Zurechnungszeit zu erhöhen. Derzeit wird bei der Berechnung von Erwerbsminderungsrenten unterstellt, der Betroffene hätte bis 60 gearbeitet und Rentenbeiträge bezahlt. Diese Zurechnungszeit könnte auf 62 oder 63 Jahre angehoben werden. Der rentensteigernde Effekt ist umso höher, je rascher dies geschieht. Er wird verwässert, wenn die Anpassung sich über Jahre hinzieht. Eine in einem Schritt auf 62 Jahre verlängerte Zurechnungszeit brächte den Betroffenen laut DGB ein Rentenplus von durchschnittlich 50 Euro im Monat. Mehrkosten dafür im Jahr 2015: 600 Millionen Euro. 2025 wären es dann aber schon 9,3 Milliarden Euro.
Quelle: ntv.de, Günther Voss, dpa