Gutscheine für Hartz-IV-Kinder FDP legt Reformkonzept vor
10.03.2010, 18:20 UhrHartz-IV-Empfänger sollen nach dem Willen der FDP mehr hinzuverdienen dürfen als bisher und so einen größeren Anreiz zum Arbeiten erhalten. Zudem will die FDP Leistungen für die Kinder von Hartz-IV-Empfängern teilweise in Form von Gutscheinen gewähren. Aus der CDU kommt Zustimmung.
In der seit Wochen andauernden Hartz-IV-Debatte erhöht die FDP mit konkreten Reformvorschlägen den Druck auf die Union. Noch vor gemeinsamen Beratungen der schwarz-gelben Koalition über eine Weiterentwicklung der Arbeitsmarktreformen präsentierten die Liberalen Modelle für die Anhebung der Zuverdienstgrenzen für Bezieher von Arbeitslosengeld II. Für die Wohnkosten von Hartz-IV-Empfängern will die FDP regional gestaffelte Pauschalen, deren Höhe sie aber nicht beziffert.
In dem Thesenpapier spricht sich die FDP zudem dafür aus, für Kinder neben Geldzahlungen auch Sachleistungen einzuführen, etwa Gutscheine für Schulessen. Ähnliche Pläne gibt es in der Union. "Wir müssen mehr zu direkten Hilfen kommen", sagte Unionsfraktionsvize Michael Kretschmer (CDU) der "Financial Times Deutschland". "Wir brauchen Förderangebote wie zum Beispiel Nachhilfeunterricht oder Vereinsmitgliedschaften in Kultur- und Sportvereinen."
FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte bei einem Symposium seiner Partei mit Vertretern von Politik, Wissenschaft und Verbänden in Berlin, die Eckpunkte seien als "Leitplanken für die Entscheidungsfindung in der Koalition" gedacht. Seiner Partei gehe es darum, den Sozialstaat für die Mitte der Gesellschaft finanzierbar zu halten. Die von Parteichef Guido Westerwelle entfachte Debatte biete die Chance für einen "zweiten Anlauf".
FDP will Anreize zur Arbeit geben
Der Vizekanzler hatte mit seinem zugespitzten Vergleich von Sozialleistungen mit "spätrömischer Dekadenz" eine kontroverse Debatte ausgelöst. Nach der scharfen, auch innerparteilichen Kritik an Westerwelles Wortwahl ist die FDP um eine Versachlichung bemüht. Auch Kanzlerin Angela Merkel hatte den Duktus von Westerwelle gerüffelt.
Die FDP erwartet sich von den Neuregelungen stärkere Anreize für Hartz-IV-Bezieher, eine Arbeit aufzunehmen. Bei den Zuverdiensten würden in der FDP zwei Modelle diskutiert, heißt es in dem Positionspapier. Das eine Modell würde deutlich teurer für den Steuerzahler als bisher, während das andere Konzept geringe Zuverdienste bis 200 Euro monatlich deutlich schlechter stellen würde als derzeit.
"Soziales Rouge auf kalten Wangen"
SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil nannte den Vorschlag der Freidemokraten widersprüchlich. "Das ist soziales Rouge auf den kalten wirtschaftsradikalen Wangen der FDP", sagte er. Die Ausweitung der Zuverdienstmöglichkeiten führe zu Lohndumping. Die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns hingegen könne eine wirkungsvolle Alternative zu Hartz IV bieten. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte: "Die 'Partei der Besserverdienenden' will den Druck auf die Löhne weiter erhöhen - zulasten der Arbeitnehmer und zur puren Freude der Arbeitgeber."
Bei der ersten Variante dürften Hartz-Bezieher 40 statt derzeit 20 Cent von jedem Euro Zuverdienst über einem Grundfreibetrag von 100 Euro behalten. Im zweiten Modell würden die ersten 200 Euro bis auf einen auf 40 Euro reduzierten Grundfreibetrag voll vom Arbeitslosengeld II abgezogen. Derzeit kann ein Hartz-IV-Bezieher von 200 Euro Zuverdienst 120 Euro behalten. Im FDP-Konzept bliebe von höheren Verdiensten mehr übrig: 40 Prozent vom Zuverdienst zwischen 200 und 400 Euro, und sogar die Hälfte des Zuverdienstes zwischen 400 und 1000 Euro.
Die Sanktionen gegen arbeitsunwillige Hartz-IV-Bezieher wollen die Liberalen nicht verschärfen. Sie plädieren stattdessen für "eine konsequente Anwendung der bestehenden Rechtslage". Hier gebe es mancherorts Verbesserungsbedarf.
Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP