"Westerwelle light" FDP stellt Fünf-Stufen-Konzept vor
13.04.2010, 11:51 Uhr
Hermann-Otto Solms (r.) und Andreas Pinkwart stellen den Leitantrag vor.
(Foto: dpa)
Die FDP will spätestens von 2012 an Bürger und Unternehmen um bis zu 16 Milliarden Euro im Jahr entlasten. Dazu stellte die Partei in Berlin ein neues Steuerkonzept vor, über das sie mit der Union verhandeln will. Es sieht die Umstellung des Einkommensteuersystems auf nur noch fünf Tarifstufen vor.
Von der Entlastung sollen ausschließlich untere und mittlere Einkommen bis zu einem Verdienst von 53.000 Euro im Jahr profitieren. Höhere Einkommen werden nicht zusätzlich entlastet. Der bisherige Eingangssteuersatz von 14 Prozent und der Spitzensteuersatz von 42 Prozent bleiben in dem FDP-Modell ebenso unverändert wie die sogenannte Reichensteuer von 45 Prozent für Einkommen über 250.000 Euro im Jahr. Die FDP will vor allem die "kalte Progression" abmildern. Sie führt dazu, dass bereits geringe Gehaltszuwächse höhere Steuerabgaben zur Folge haben.
Zur Finanzierung der Milliarden-Entlastungen will die FDP Subventionen streichen und Sozialleistungen auf den Prüfstand stellen. "Die umfassende Entlastung der Unternehmen sowie der Bürgerinnen und Bürger rechtfertigen es, Subventionen und soziale Leistungen kritisch zu hinterfragen", heiß es in dem FDP-Modell.
Keine genauen Sparvorschläge
Konkrete Vorschläge dafür legen die Liberalen allerdings nicht vor. Sie gehen vielmehr davon aus, dass sich die Steuersenkung zu etwa 50 Prozent durch stärkeres Wirtschaftswachstum von selbst finanziert. Experten bezweifeln dies und gehen von einem geringeren Effekt der Selbstfinanzierung aus. Auf Mehreinnahmen von zehn Milliarden Euro hofft die FDP durch Eindämmung der Schwarzarbeit.
Die FDP will ihr Steuermodell von einem Parteitag in knapp zwei Wochen absegnen lassen und anschließend darüber mit der Union verhandeln. Ob dies noch vor der NRW-Landtagswahl am 9. Mai der Fall sein wird, ist offen. CDU und CSU wollten dafür die Steuerschätzung Anfang Mai abwarten. Die Finanzierung einer Steuerreform angesichts der extrem hohen staatlichen Verschuldung ist der größte Streitpunkt in der schwarz-gelben Koalition. Deshalb sind jetzt auch nur noch abgespeckte Varianten für Entlastungen im Gespräch.
Ursprünglich hatte die FDP im Wahlkampf einen radikaleren Umbau des Steuersystems mit nur drei Tarifstufen verlangt. Die Entlastung sollte bei 35 Milliarden Euro pro Jahr liegen. Entsprechend hoch wären die Einnahmeverluste für Bund, Länder und Kommunen. In den Koalitionsverhandlungen hatten sich FDP und Union dann auf ein Entlastungsvolumen von bis zu 24 Milliarden Euro pro Jahr verständigt - "möglichst" schon vom Jahr 2011 an. Wirksam werden sollen die Entlastungen nun aber weiterhin bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2013.
Solms: Kein Abrücken von Positionen

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Die FDP sieht in ihrem Steuermodell nach Aussage von Finanzexperte Hermann-Otto Solms keine Abkehr von ihren Wahlversprechen. "Wir rücken in keiner Weise von unseren Vorstellungen ab", sagte Solms bei der Vorstellung des FDP-Konzepts. Die Partei konzentriere sich aber auf das realistisch Machbare und lege anspruchsvolle Vorstellungen vor.
"Wir sind nicht blind und realitätsfern", sagte Solms mit Blick auf die angespannte Haushaltslage und die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise. Die FDP habe immer gesagt, dass die von ihr angestrebte radikale Steuerreform und ein Bürgergeld Ideal-Ziele seien, die nicht auf einen Schlag umgesetzt werden könnten.
Steinmeier warnt vor "Kürzungsdrama"
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier kritisierte das FDP-Steuermodell als unglaubwürdig. Angesichts sinkender Umfragewerte greife die Partei kurz vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen in die "steuerpolitische Trickkiste", sagte Steinmeier. Nach der Wahl am 9. Mai werde jedoch ein "Kürzungsdrama" beginnen. "Dann werden Steuersenkungen umso teurer mit höheren Gebühren, weniger Kitas, geschlossenen Schwimmbädern und Bibliotheken bezahlt."
Weiter sagte Steinmeier zu den Plänen von FDP-Chef Guido Westerwelle: "5 statt 3 Stufen, 16 statt 20 Milliarden Euro sollen es sein, aber erst in zwei Jahren. Statt Westerwelle pur jetzt Westerwelle light!" Die Verschuldung sei jedoch weiterhin "gigantisch", weshalb auch in den nächsten Jahren die Konsolidierung der Staatsfinanzen Vorrang haben müsse. Die Ankündigungen bestätigten nur: "Diese Regierung regiert nicht. Sie tut nur so."
Quelle: ntv.de, dpa