US-Raketenabwehrsystem FDP und Grüne besorgt
04.03.2007, 16:24 UhrFDP und Grüne haben sich erneut besorgt über das umstrittene US-Raketenabwehrsystem geäußert. FDP-Chef Guido Westerwelle forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, die US-Pläne beim EU-Gipfel am 8./9. März zu thematisieren. "Diese Raketenstationierung geht nicht nur Prag und Warschau etwas an. Hier geht es um Europas Sicherheit", schrieb Westerwelle in einem Beitrag für "Bild am Sonntag". Deswegen sei die deutsche EU-Ratspräsidentschaft gefordert. "Europa darf sich nicht spalten lassen."
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast nannte die amerikanische Begründung, der Raketenschirm diene der Abwehr iranischer Raketen, nicht glaubwürdig. "Deshalb darf sich die EU solche Alleingänge, die unseren größten östlichen Nachbarn Russland in Sorge versetzen, nicht gefallen lassen", sagte sie am Sonntag in Berlin. Wie Westerwelle kritisierte Künast Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU). Dieser hatte bei der EU-Verteidigungsminister-Konferenz in Wiesbaden gesagt, Deutschland wolle sich für die NATO-Einbindung des US-Raketenabwehrsystems in Tschechien und Polen einsetzen. Die Bedenken Russlands sollten vor allem im NATO-Russland-Rat ausgeräumt werden.
"Deutschland ist offenbar eifersüchtig"
Tschechiens Europa-Minister Alexandr Vondra wies die Bedenken aus Deutschland am Sonntag zurück. "Deutschland ist offenbar ein wenig eifersüchtig, dass die USA, wenn sie mit Europa sprechen wollen, nicht in Berlin, sondern in Prag und Warschau anrufen", sagte der Konservative in einer Fernsehdiskussion. In Deutschland würden viele US-Radare von der Art stehen, wie es das Pentagon nun in Tschechien plane, sagte Vondra: "Es ist überhaupt nichts Ungewöhnliches." Auch Tschechiens langjähriger Staatspräsident Vaclav Havel sprach sich in der Sendung für die Stationierung in Tschechien aus. Die Kritik russischer Generäle daran nannte Havel "skandalös und ungeheuerlich".
Unterdessen ist laut einer Umfrage die Zustimmung der tschechischen Bevölkerung zu der geplanten US-Radaranlage weiter gesunken. 70 Prozent seien gegen die Beteiligung ihres Landes am Raketenabwehrschirm, teilte die Agentur STEM am Sonntag in Prag mit. Zusätzlich seien nur 20 Prozent der Ansicht, dass über die Stationierung allein das Parlament und nicht etwa ein Referendum entscheiden sollte. Laut Vondra will die Mitte-Rechts-Regierung in Prag noch im März die Anfrage aus Washington offiziell beantworten.
"Krude Ideen des Verteidigungsministers"
Künast sagte am Sonntag in Berlin, "die wichtigste Verteidigung, die dieses Land braucht, ist ein Schutzschild gegen fahrlässige Vorschläge und krude Ideen des Verteidigungsministers". Westerwelle schrieb, dass Jung "voreilig das Raketensystem zum gemeinsamen NATO-Projekt erklären will, beschleunigt die gefährliche Entwicklung". Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) nannte die Anfrage der USA an Tschechien und Polen "eine überraschende Aktion der Bush-Administration". "Es hatte (...) keine Absprachen innerhalb des Bündnisses gegeben und noch weniger ausreichende Vorinformationen Russlands", sagte Thierse der deutschsprachigen "Prager Zeitung".
Quelle: ntv.de