Vereinfachung und Entlastung unbeliebt FDP zerrinnen Steuerversprechen
15.07.2011, 15:56 Uhr
Merkel hat FDP-Chef Rösler die Steuersenkung versprochen. Die Länderchefs der CDU allerdings nicht.
(Foto: dapd)
Die FDP versucht zu retten, was zu retten ist: Nachdem der Bundesrat die Steuervereinfachung ablehnt, wollen die Liberalen sie trotzdem noch irgendwie in diesem Jahr durchsetzen. Ähnlich sieht es mit den Steuersenkungen aus. Die stoßen allerdings nicht nur bei einer Mehrheit der Deutschen auf Skepsis. Auch die Wirtschaftsvertreter vom BDI halten überhaupt nichts vom schwarz-gelben Steuerkonzept.
Die FDP will die im Bundesrat gescheiterten Steuervereinfachungen noch größtenteils bis zum Jahresende durchsetzen. Aus dem Paket zur Steuervereinfachung wollen die Liberalen unter anderem die Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrags von 920 Euro auf 1000 Euro pro Jahr retten. Entlastet werden sollen dadurch Steuerzahler, die geringere Werbungskosten als 1000 Euro im Jahr haben - etwa Aufwendungen für die Fahrt zur Arbeit oder Arbeitsmittel.
"Ich könnte mir vorstellen, alle unstrittigen Punkte mit dem nächsten Steuergesetz zu verabschieden", sagte der Steuerexperte der FDP-Fraktion, Daniel Volk. "Wir werden es auch nach der Entscheidung im Bundesrat nicht aufgeben." Die Länderkammer hatte den Steuervereinfachungen vergangene Woche eine Absage erteilt. Dort hat Schwarz-Gelb keine Mehrheit. Arbeitnehmer sollten um bis zu 585 Millionen Euro im Jahr entlastet werden. Der Bund wollte sämtliche Ausfälle für die Staatskassen allein schultern.
Versprochen ist versprochen
Auch die schwarz-gelben Pläne zur vorausgefüllten Steuererklärung sollen umgesetzt werden. Zudem solle die vereinfachte Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten im Herbst noch einmal zur Abstimmung gestellt werden. "Parallel können alle strittigen Punkte im Rahmen eines Vermittlungsverfahrens aus dem Weg geräumt werden", sagte Volk. Dazu zähle unter anderem die Möglichkeit zur gemeinsamen Abgabe von Einkommensteuererklärungen alle zwei Jahre.

Zum Gesetzespaket der Regierung gehört unter anderem die Möglichkeit, Steuererklärungen nur noch alle zwei Jahre abgeben zu müssen.
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Das Gesetz zu Steuervereinfachung ist vor allem den Liberalen wichtig. Sie sehen darin einen Einstieg in die vor der Wahl versprochene Vereinfachung des Steuerrechts. Die FDP hatte monatelang auf Maßnahmen in diesem Bereich gedrängt und das Gesetz als eigenen Erfolg verkauft. Die Ablehnung dieses vergleichsweise kleinen Vorhabens dürfte für die Koalition zudem einen Vorgeschmack geben auf die Abstimmung zu den geplanten Steuerentlastungen, auf die sich die Parteichefs von CDU, CSU und FDP verständigt haben. Hierzu haben sowohl Ministerpräsidenten der CDU wie auch Sozialdemokraten und Grünen Widerstand angekündigt, obwohl Umfang und Zeitpunkt bislang nicht feststehen.
Schulden sollen sinken
Auch bei den Bundesbürgern stoßen die Pläne auf Zurückhaltung. Vier von fünf Bundesbürgern glauben nicht, dass es zu den Steuersenkungen kommt. Nur 17 Prozent erwarten, dass es sie geben werde, wie aus dem ZDF-"Politbarometer" hervorgeht. 69 Prozent der Befragten finden die Entlastungspläne richtig, 28 Prozent finden das nicht. Allgemein sprechen sich die meisten Bundesbürger (62 Prozent) allerdings dafür aus, dass die aktuellen Steuermehreinnahmen hauptsächlich für den Abbau der Schulden eingesetzt werden.
Auch der Vorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Thomas Eigenthaler, kritisierte die geplanten Steuersenkungen für kleine und mittlere Einkommen heftig. Steuersenkungen seien gegenwärtig "grob fahrlässig", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Auf Deutschland laste eine Staatsverschuldung von bald zwei Billionen Euro, aus den Griechenland-Garantien entstünden große Risiken. Außerdem werde die Energiewende teuer.
Streit mit dem BDI
Derweil brodelt es wegen unterschiedlicher Meinungen über die schwarz-gelbe Steuerpolitik auch wischen dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der FDP. Bei den Liberalen regt sich Unmut über den BDI-Präsidenten Hans-Peter Keitel. Keitel hatte der Koalition fehlenden steuerpolitischen Tiefgang vorgeworfen: Nicht jeder, der über Steuerpolitik rede, habe sich zuvor ausreichend bemüht, "strukturelle Lösungen für diese komplexe Materie zu erarbeiten und durchzusetzen". Der FDP-Haushaltsexperte Heinz-Peter Haustein fragte das FDP-geführte Wirtschaftsministerium laut "Kölner Stadt-Anzeiger", welche staatlichen Zuschüsse der BDI erhält.
Aus der FDP heißt es laut dem Blatt, es könne nicht sein, dass der BDI womöglich öffentliche Mittel empfange, den normalen Bürgern aber keine steuerliche Entlastung zukommen lassen wolle. Ein Sprecher des Wirtschaftsressorts sagte, das Ministerium unterstütze die deutsche Wirtschaft. "Da spielt der BDI eine zentrale Rolle."
Quelle: ntv.de, tis/dpa/rts