Serbischer Kriegsverbrecher Familie will Mladic für tot erklären
16.06.2010, 21:24 UhrDer frühere Armeechef der bosnischen Serben ist seit Jahren verschollen, nun will seine Familie General Mladic für tot erklären lassen. Ihnen geht es dabei offenbar um Geld, und um Ruhe vor Nachstellungen.
Die Familie des seit Jahren gesuchten mutmaßlichen Kriegsverbrechers Ratko Mladic will den früheren bosnisch-serbischen Armeechef für tot erklären lassen. Im Namen von Mladics Sohn Darko stellte der Anwalt Milos Saljic einen entsprechenden Antrag beim Belgrader Bezirksgericht. Seit Februar 2003 gebe es von dem heute 68-Jährigen keine Spur mehr, sagte Saljic der Nachrichtenagentur Beta. Nach Angaben serbischer Fahnder konnten die Behörden noch vor drei Jahren Mladics Spuren in Serbien verfolgen.
Die serbischen Medien hatten bereits im Mai über derartige Pläne von Mladics Familie berichtet. Nach Angaben des Fernsehsenders B92 strebten sie diesen Schritt wegen der "eingefrorenen Rente" des Gesuchten an. Ein weiterer Grund seien die "Schikanen", denen die Angehörigen ausgesetzt seien.
Nach dem serbischen Gesetz kann jemand für tot erklärt werden, wenn er über 70 Jahre alt und seit über fünf Jahren verschwunden ist. Da Mladic erst 68 Jahre alt ist, müsste seine Familie dem Anwalt zufolge beweisen, dass sein Tod aufgrund seiner angeschlagenen Gesundheit sehr wahrscheinlich ist. Saljic beantragte deshalb gleichzeitig Mladics Krankenakte des Belgrader Militärkrankenhauses, aus der hervorgeht, dass er unter anderem 1996 einen Schlaganfall erlitten hatte. Saljic zufolge erlitt Mladic damals eine schwere Gehirnblutung und wurde wegen schwerer Erkrankungen behandelt.
Massaker von Srebrenica
Der frühere Kommandeur der bosnischen Serben ist vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien wegen Völkermords, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bosnien-Kriegs (1992-1995) angeklagt. Das Haager Tribunal legt ihm vor allem die 44-monatige Belagerung Sarajevos mit rund 10.000 Toten und das Massaker von Srebrenica mit weiteren 8000 Toten zur Last. Nach dem Bosnien-Krieg lebte Mladic zunächst in Belgrad unter dem Schutz des Regimes von Slobodan Milosevic, erst später tauchte er unter.
Die serbischen Behörden kündigten an, dass sie ungeachtet des Antrags der Familie die Fahndung nach Mladic fortsetzen werden. "Dies ist unsere Pflicht, und es liegt im Interesse Serbiens, dass wir sie so schnell wie möglich erfüllen", sagte Rasim Ljajic von der Behörde, die die Zusammenarbeit mit dem Haager Gericht koordiniert. Mladics Festnahme und Auslieferung an Den Haag ist eine der Bedingungen Brüssels für eine Annäherung Serbiens an die EU.
Quelle: ntv.de, AFP/rts