Politik

Große Koalition in Hessen "Fast" nicht vorstellbar

Hessens Ministerpräsident Roland Koch beharrt offenbar nicht unter allen Umständen darauf, sein Regierungsamt fortzuführen. "Die SPD hat ein Programm entwickelt, mit dem es ihr und uns nach menschlichem Ermessen sehr, sehr schwer fallen wird, zusammenzukommen", sagte Koch. "Eine große Koalition ist mit diesem Programm fast nicht vorstellbar."

Über seine eigene Zukunft äußerte Koch sich nicht eindeutig. Er werde mit der hessischen CDU sprechen, "ob wir gemeinsam arbeiten und ob ich das Vertrauen habe", sagte er. Er habe aber den Eindruck, dass es den klaren Wunsch der Hessen-CDU gebe, "die nächsten Monate" unter seiner Führung zu bestehen.

"Es geht nicht um Personen"

Auf die Frage, ob er für eine große Koalition in Hessen das Feld räumen würde, sagte der CDU-Politiker ausweichend im ZDF, jede Partei entscheide selbst über ihr eigenes Führungspersonal. "Es geht hier nicht so sehr um die Diskussion um Personen, sondern um politische Programme."

Koch wies auch auf den hauchdünnen Vorsprung der CDU von 0,1 Prozentpunkten vor der SPD hin und erklärte: "In einer Demokratie gibt es am Ende keine andere Möglichkeit Konflikte zu lösen, als sich nach der Mehrheit der Bevölkerung, so knapp sie auch sein mag, zu richten."

Jung dementiert

Der ehemalige CDU-Fraktionschef in Hessen, Verteidigungsminister Franz Josef Jung, der Spekulationen zufolge Koch in Hessen hätte ablösen sollen, wies die Personaldebatten zurück. Bei n-tv sagte er: "Roland Koch bleibt Ministerpräsident und ich bleibe Verteidigungsminister."

Ypsilanti stellt Bedingungen

SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti stellte Bedingungen für Sondierungsgespräche mit der CDU. "Ich würde auch mit Herrn Koch reden. Voraussetzung ist aber, dass die CDU anerkennt, dass sie die Wahl verloren hat", sagte sie.

Ypsilanti sagte, die SPD strebe kein anderes Regierungsbündnis als eine Ampelkoalition an. In den anstehenden Beratungen der SPD-Gremien wolle sie sich Mandate für Gespräche mit den Grünen und der FDP geben lassen.

FDP will kein nützlicher Idiot sein

Die FDP wiederum bekräftigte ihre Festlegung auf eine Koalition mit der CDU. "Es ist schon merkwürdig, dass die SPD sich so anschleimt. Sie sagt, sie hätte den Auftrag zur Regierungsbildung und will dann die Verantwortung dafür den Liberalen zuschanzen. Das ist schon ziemlich lächerlich", sagte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel bei n-tv. FDP-Chef Guido Westerwelle sagte, "SPD und Grüne suchen einen nützlichen Idioten, der ihnen eine linke Mehrheit ermöglicht."

SPD-Chef Kurt Beck forderte Koch nach den dramatischen Stimmen-Verlusten indirekt zum Rücktritt auf. "Ich würde nicht weitermachen", sagte er. Für eine große Koalition sieht er derzeit "überhaupt keine Chance". Eine Koalition mit der Linken schloss Beck erneut klar aus.

Jamaika wieder im Gespräch

Aus der FDP kam der Vorschlag, "Jamaika" zu sondieren. "Die CDU und die Grünen müssen sich überlegen, ob sie nicht Brücken zueinander aufbauen können", sagte FDP-Partei-Vize Rainer Brüderle. "Eine Jamaika-Koalition könnte eine Alternative sein."

Die Grünen wiesen dies zurück. Parteichef Reinhard Bütikofer betonte, für seine Partei sei eine Ampel mit SPD und FDP eine der Optionen, die geprüft werden müssten.

Die Linkspartei bot erneut an, Ypsilanti zur Ministerpräsidentin zu wählen. Dies lehnte Ypsilanti jedoch ab. "Ich möchte zur Wahl der Ministerpräsidentin eine eigene Mehrheit haben. Und dabei bleibt es auch."

CDU hat "viel Zeit"

In jedem Fall sitzt Koch am längeren Hebel. "Wenn sich keine andere Mehrheit findet, kann Koch noch jahrelang regieren", sagte der Politikwissenschaftler Prof. Wolfgang Schroeder von der Universität Kassel. Die hessische Landesverfassung sehe vor, dass die Regierungszeit des Ministerpräsidenten nicht ablaufe, solange nicht eine andere Mehrheit gefunden werde. "Das kann sich ziehen", sagte Schroeder und erinnerte an einen ähnlichen Fall aus dem Jahr 1982. Damals entstand bei der Landtagswahl in Hessen eine Pattsituation, als ebenfalls beide Volksparteien keine absolute Mehrheit erreichten. Holger Börner (SPD) regierte das Land trotzdem noch zwei Jahre lang geschäftsführend weiter.

Da der Etat bereits Ende 2007 beschlossen wurde, könnte die Landesregierung vorerst weiterarbeiten. "Wir haben viel Zeit", sagte der hessische CDU-Generalsekretär Michael Boddenberg. Die konstituierende Sitzung des neuen hessischen Landtags findet am 5. April statt.

Quelle: ntv.de

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