Merkel muss um Opposition werben Fiskalpakt wird zur Zitterpartie
03.03.2012, 06:34 Uhr
Angela Merkel muss um die Stimmen der Opposition werben.
(Foto: dpa)
Die Kanzlerin feiert mit der Durchsetzung des EU-Fiskalpakts einen Triumph. Doch womöglich freut sich Merkel zu früh. Einem Medienbericht zufolge geht der Regierung nun auf, dass für die Ratifizierung des Vertrags sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat eine Zweidrittel-Mehrheit nötig ist. SPD-Fraktionschef Steinmeier stellt bereits Bedingungen.
Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel steht bei der Ratifizierung des von ihr durchgesetzten europäischen Fiskalpakts vor unerwarteten Problemen. Der beim EU-Gipfel unterzeichnete Vertrag brauche in Bundestag wie Bundesrat nicht nur die einfache Mehrheit, sondern eine Zweidrittelmehrheit, sagte eine Sprecherin des Finanzministerims und bestätigte damit einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung".
"Die Regierung wird nun auf die Opposition angewiesen sein", erklärte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Er machte zudem deutlich, dass die SPD ihre Zustimmung an Bedingungen knüpft. Die SPD könne sich "nicht vorstellen, dass eine Verabschiedung des Pakts ohne begleitende wachstumsfördernde Maßnahmen gelingen kann". Steinmeier forderte die Kanzlerin auf, das Gespräch mit der Opposition zu suchen.
Hoheitsrechte werden übertragen
Das deutsche Grundgesetz kennt bereits eine Schuldenbremse, wie sie auch im Fiskalpakt vorgesehen ist. Diese schreibt vor, dass der Bund von 2016 an in wirtschaftlich normalen Zeiten praktisch keine neuen Kredite mehr aufnehmen darf.
Der Fiskalpakt erweitert diese Bestimmung jedoch: "Wir räumen den Euro-Partnern damit die Möglichkeit ein, uns bei Nichteinhaltung unserer nationalen Schuldenbremse vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen", zitierte die "SZ" eine Quelle. Dies sei eine signifikante Übertragung von Hoheitsrechten auf die europäische Ebene, die eine Zustimmung mit Zweidrittelmehrheit erfordere.
Nach Informationen des Blattes hat sich die Bundesregierung intern darauf verständigt, den Fiskalpakt nach Artikel 23 des Grundgesetzes umzusetzen, in dem es um europäische Vertragsfragen geht. Der Pakt ist bislang ein Abkommen der einzelnen Regierungen, soll aber nach fünf Jahren in die EU-Verträge überführt werden.
Merkel spricht von "Meilenstein"
Merkel hatte die Einführung eines Klagerechts der Euro-Staaten beim EuGH persönlich durchgesetzt, um ein Druckmittel gegen Länder zu schaffen, die die gemeinsamen Haushaltsregeln grob missachten. Ob sie sich von Beginn an darüber im Klaren war, welche Konsequenzen das für die Umsetzung des Fiskalpakts in Deutschland hat, blieb zunächst unklar.
Die Haushaltsexpertin der Grünen, Priska Hinz, sagte, ihre Fraktion könne erst über eine Zustimmung zum Pakt entscheiden, wenn die Details des Begleitgesetzes bekannt seien. Langfristig sei eine Schuldenregel sicher sinnvoll. "Kurzfristig reicht das aber nicht. Wir bräuchten zusätzlich einen Altschulden-Tilgungsfonds oder eine Finanztransaktionssteuer, aus deren Einnahmen man ein europäisches Wachstumsprogramm finanzieren könnte."
Die Opposition hatte zuletzt im Schulterschluss mit der Regierung den Weg für das zweite Griechenland-Hilfspaket freigemacht. Für das 130 Milliarden Euro schwere Paket stimmte eine breite Mehrheit aus Union, FDP, SPD und Grünen. Merkel hatte dabei jedoch eine Kanzlermehrheit verfehlt.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts