Politik

Reiss "Opfer eines Schauprozesses" Frankreich hofft auf Freilassung

Vor Gericht: Clotilde Reiss wird derzeit im Iran der Prozess gemacht.

Vor Gericht: Clotilde Reiss wird derzeit im Iran der Prozess gemacht.

(Foto: dpa)

Die iranische Regierung hat der in Teheran inhaftierten Französin Hafterleichterung angeboten. Die 24 Jahre alte Clotilde Reiss könne das Gefängnis verlassen, wenn sie sich bis Ende ihres Prozesses in der französischen Botschaft in Teheran aufhalte, sagte der iranische Botschafter in Paris, Seyed Mehdi Miraboutalebi, dem Sender RFI. Bislang gebe es aber noch keine Antwort aus Paris, fügte er hinzu. Die französische Regierung hatte sich zuvor zuversichtlich gezeigt, dass eine baldige Lösung gefunden werde. Präsident Nicolas Sarkozy stehe im Kontakt mit mehreren potenziellen Vermittlern, hatte der Élysée mitgeteilt.

"Clotilde Reiss ist unschuldig und Opfer eines Schauprozesses", sagte der Regierungssprecher. "Wir fordern weiterhin die Freilassung." Die Beziehungen zwischen dem Iran und Frankreich sind wegen des Prozesses stark angespannt.

Der 24-jährigen Sprachlehrerin wird Spionage und die Unterstützung der Proteste vorgeworfen, die nach der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad am 12. Juni ausgebrochen waren. Sie bekannte sich nach iranischen Angaben schuldig.

Bei dem Massenprozess gegen mehr als 100 Oppositionsanhänger sitzen auch ehemalige Regierungsmitglieder sowie iranische Mitarbeiter der französischen und britischen Botschaften auf der Anklagebank. Einigen Angeklagten wird auch Verschwörung zum Umsturz des islamischen Systems vorgeworfen. Ihnen droht deshalb die Todesstrafe.

Botschaftsmitarbeiterin freigelassen

Auch Mitarbeiter der britischen und französischen Botschaften sind angeklagt.

Auch Mitarbeiter der britischen und französischen Botschaften sind angeklagt.

(Foto: AP)

Nasak Afschar, eine Mitarbeiterin der Kulturabteilung der französischen  Botschaft in Teheran, ist inzwischen überraschend aus dem Gefängnis entlassen worden. Das teilte der Elysée-Palast am Dienstagabend in Paris mit.

Anklage gegen Mussawi?

Der schwedische Außenminister und derzeitige EU-Ratsvorsitzende Carl Bildt erklärte in Stockholm, die Europäische Union sei bereit, "weitere Schritte" zu unternehmen, um die Freilassung der Französin und der Botschaftsmitarbeiter zu erreichen. Einzelheiten nannte er nicht. Am Vortag hatte Bildt den iranischen Botschafter einbestellt und gegen das Vorgehen protestiert. Der Iran hat die Kritik aus dem Ausland zurückgewiesen.

Unterdessen wurden Rufe lauter, auch dem iranischen Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi den Prozess zu machen. Die Opposition erkennt den Wahlsieg des ultrakonservativen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad nicht an und spricht von Betrug. Der Abgeordnete Mohammed Karim Shaharsad warf Mussawi vor, sein Wahlkampfbüro habe Kontakte zu ausländischen Botschaften gehabt, wie iranische Medien berichteten. Am Sonntag hatte bereits der Vize-Chef der Revolutionsgarden, Jadollah Dschwani, gefordert, Mussawi wegen Verschwörung zum Sturz der Regierung vor Gericht zu stellen. Ein Sprecher Mussawis wies die Vorwürfe zurück.

Mussawi, dessen ebenfalls unterlegener Mitbewerber Mehdi Karrubi sowie die Ex-Präsidenten Mohammed Chatami und Akbar Haschemi Rafsandschani, die die Reformkandidaten unterstützt hatten, bilden seit der Wahl die vier führenden Köpfe der Opposition. Angesichts von Gerüchten, der gemäßigte Kleriker Chatami wolle politisches Asyl im Ausland suchen, riefen Parlamentarier auch dazu auf, ihm zu verbieten, das Land zu verlassen.

69 tote Demonstranten

Nach Angaben der Opposition sind bei den Protesten nach der Wahl 69 Menschen getötet worden. Das berichtete die Teheraner Zeitung "Sarmajeh" unter Berufung auf Ali Resa Husseini-Beheschti, einen Vertrauten Mussawis. Eine entsprechende Namensliste sei am Montag dem Parlament vorgelegt worden. Den Angaben zufolge sollen noch rund 220 der insgesamt mehr als 1000 Inhaftierten im Gefängnis sitzen. Nach amtlichen Angaben sind es nur 110. Die Regierung hat bislang auch lediglich von zwischen 20 und 26 Todesopfern gesprochen.

Parlamentssprecher Ali Laridschani ordnete unterdessen eine Untersuchungskommission zu Vorwürfen an, wonach Regierungsgegner in der Haft brutal vergewaltigt worden sein sollen. Karrubi hatte am Montag auf seiner Webseite entlassene politische Häftlinge zitiert, die berichteten, junge Frauen und Männer seien im Gefängnis sexuell missbraucht worden.

Quelle: ntv.de, dpa

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