Politik

Rentenreform in Nationalversammlung Franzosen gehen auf die Straße

Bisherige Regierungen fürchteten genau diese Massenproteste.

Bisherige Regierungen fürchteten genau diese Massenproteste.

(Foto: dpa)

Frankreich Kosten für die Altersversorgung sind viel zu hoch. Ohne Reformen würde das Defizit bis 2030 auf voraussichtlich 80 Milliarden Euro ansteigen. Doch die Franzosen wollen die Anhebung des Rentenalters auf jeden Fall verhindern.

Regierung und Opposition haben sich in der französischen Nationalversammlung einen Schlagabtausch über die Rentenreform geliefert. Der Fraktionschef der Sozialisten, Jean-Marc Ayrault, sprach bei der ersten Debatte von einer "ungerechten Reform". Er warf der Regierung vor, nicht wirklich mit den Gewerkschaften und der Opposition über das Reformprojekt verhandelt zu haben. Regierungschef François Fillon kritisierte, dass es den Sozialisten in der Rentenfrage an Glaubwürdigkeit fehle. Das Renteneintrittsalter mit 60 Jahren, das 1982 beschlossen wurde, gilt als große Errungenschaft der Sozialisten.

Sozialistenchefin Martine Aubry nennt die Rente mit 60 eine Frage der Gerechtigkeit.

Sozialistenchefin Martine Aubry nennt die Rente mit 60 eine Frage der Gerechtigkeit.

(Foto: AP)

"Die Rente ist keine Frage von links oder rechts. Sie ist einfach eine Frage der Bevölkerungsentwicklung", fügte Fillon hinzu. Auch Arbeitsminister Eric Woerth, der wegen eines Parteispendenskandals in der Kritik steht, wies auf die längere Lebenserwartung hin. "Es gibt vor allem und grundsätzlich ein Altersproblem", sagte Woerth in der von Zwischenrufen begleiteten Debatte. Die Regierung will das Renteneintrittsalter auf 62 Jahre anheben, um so ein rund 70 Milliarden Euro schweres Loch in der Rentenkasse zu stopfen.

Die Reform, gegen die am Dienstag Hunderttausende auf die Straße gingen, soll noch im Herbst verabschiedet werden. Schon vor der Hauptkundgebung in Paris gingen rund 450.000 Menschen auf die Straße, wie das Innenministerium mitteilte. Bei den Pariser Verkehrsbetrieben löste der ganztägige Streik erhebliche Behinderungen aus, an den Hauptstadtflughäfen Charles de Gaulle und Orly sollte bis zum Abend jeder vierte Flug ausfallen.

Gewerkschaft mobilisiert Hunderttausende

Auf vielen Bahnhöfen kam der Verkehr weitgehend zum Erliegen.

Auf vielen Bahnhöfen kam der Verkehr weitgehend zum Erliegen.

(Foto: dpa)

So viele Menschen seien seit Jahren nicht mehr auf die Straße gegangen, sagte Gewerkschaftsführer François Chérèque von der CFDT. Demnach beteiligten sich schon vor der Großdemo in Paris landesweit mehr Menschen an den Protestkundgebungen als beim letzten Aktionstag im Juni. "Die Wette ist aufgegangen", sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft UNSA, Alain Olive, in Paris. "Jetzt muss die Regierung sagen, welche Zugeständnisse sie machen wird." Die Gewerkschaften hatten ausnahmsweise gemeinsam zu den Protesten aufgerufen und rechneten landesweit mit über zwei Millionen Teilnehmern.

Bei den Pariser Verkehrsbetrieben ließ nach Angaben der Geschäftsführung fast ein Viertel der Beschäftigten die Arbeit ruhen. Die U-Bahn fuhr mit einigen Einschränkungen, nur die Schnellbahn RER B, die den Flughafen Charles de Gaulle mit der Innenstadt verbindet, fiel komplett aus. Bei France Télécom war knapp ein Drittel der 100.000 Mitarbeiter im Streik.

Bei der Staatsbahn SNCF beteiligten sich nach Gewerkschaftsangaben gut die Hälfte der Beschäftigten an dem Streik - vereinzelt fielen dadurch auch Verbindungen mit den Hochgeschwindigkeitszügen zwischen Deutschland und Frankreich aus, wie ein Sprecher der Deutschen Bahn sagte. Nach Angaben der SNCF waren 43 Prozent der Beschäftigten im Streik. Gestreikt wurde auch im Öffentlichen Dienst, in den Krankenhäusern, an den Schulen, bei den öffentlich-rechtlichen Medien sowie in Banken und der Industrie.

Quelle: ntv.de, AFP

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