Politik

Clearstream-Affäre Freispruch für Villepin gefordert

Die Clearstream-Affäre in Frankreich ist mehr als ein Prozess um gefälschte Listen mit angeblichen Schwarzgeldkonten. Es ist vor allem ein Prozess zwischen Staatschef Sarkozy und dem ehemaligen Premierminister Villepin. Sarkozy hatte bereits gedroht, den Anstifter der Affäre "am Fleischerhaken" aufzuhängen.

Kollegen, aber keine Freunde: Dominique de Villepin (l) und sein Rivale Nicolas Sarkozy.

Kollegen, aber keine Freunde: Dominique de Villepin (l) und sein Rivale Nicolas Sarkozy.

(Foto: dpa)

Im Pariser Clearstream-Prozess um die Verleumdung von Nicolas Sarkozy hat die Verteidigung den Freispruch des früheren Premierministers Dominique de Villepin gefordert. Zugleich prangerte sie den jetzigen Staatschef als Drahtzieher des Prozesses an. Die Anklage gegen Villepin sei "nicht sehr ernsthaft" konstruiert, hieß es. "Dieses Dossier trägt den Stempel eines Mannes", Sarkozy, sagte der Verteidiger Luc Brossolet. "Das ist ein politischer Prozess, doch Sie sind kein politisches Tribunal." Sarkozy tritt in diesem Prozess als Nebenkläger auf. Beide Politiker sind erbitterte Rivalen: Sarkozy und Villepin kämpften beide um die Nachfolge von Staatschef Jaques Chirac.

In dem Prozess geht es um gefälschte Kontolisten. Mehreren Prominenten, darunter Sarkozy, war unterstellt worden, sie besäßen Schwarzgeldkonten. Den Stein ins Rollen brachte ein Waffengeschäft: Beim Verkauf französischer Fregatten an Taiwan soll 1991 eine halbe Milliarde Dollar Schmiergeld geflossen sein. Dieses Geld war dann scheinbar auf den Kontenlisten der Luxemburger Bankenabrechnungsstelle Clearstream verzeichnet, die 2004 in Umlauf gebracht wurden. Auf den Listen fand sich unter anderem Sarkozy. Monate später stellten sich die Listen als gefälscht heraus, manipuliert von einem ehemaligen Mathematiker des Luftfahrt- und Rüstungskonzerns EADS, Imad Lahoud. Nun heißt es, Villepin soll den Verdacht gegen seinen Rivalen Sarkozy gefördert haben, obwohl er wusste, dass die Belege gefälscht waren.

Bewährungsstrafe für Villepin gefordert

Die Anklage hatte bereits 18 Monate Haft auf Bewährung und 45.000 Euro Strafe für Villepin wegen passiver Beihilfe gefordert. Das wäre das Ende der Ambitionen des früheren Regierungschefs, Sarkozy 2012 bei der Wahl zum Staatspräsidenten herauszufordern.

Als Haupttäter sieht die Staatsanwaltschaft den ehemaligen EADS-Vizepräsidenten, Jean-Louis Gergorin. Er gab bereits zu, die Kontoliste Ermittlern zugespielt zu haben. Belastet wird Villepin durch eine Aussage des Mathematikers Lahoud: Dieser gestand, dass Gergorin ihn zwar mit der Fälschung beauftragt habe. Geschehen sei das Ganze aber "mit Wissen von Dominique de Villepin", damals Kabinettskollege von Sarkozy und ein alter Bekannter des EADS-Managers.

Sarkozy drohte mit "Fleischerhaken"

Gergorin verfolgte anfangs wohl eigene Ziele im Dauermachtkampf bei EADS, denn auf den Listen landeten auch die Namen ranghoher Manager. Er soll nach dem Willen der Anklagebehörde die schwerste Strafe unter den Angeklagten bekommen: 18 Monate Gefängnis und weitere 18 Monate auf Bewährung. Für Lahoud fordert die Staatsanwaltschaft ebenfalls 18 Monate Gefängnis sowie weitere sechs Monate auf Bewährung.

Für Sarkozy stand schnell fest, dass sein politischer Rivale hinter dem Komplott stehen müsse. "Wenn ich den Mistkerl kriege, der diese Affäre angezettelt hat, wird er am Fleischerhaken enden", drohte der heutige Präsident. Selbst im Prozess konnte er nicht an sich halten und ließ sich zu einem Faux Pas hinreißen: Vor laufenden Fernsehkameras erklärte der Staatschef, dass nun endlich "die Schuldigen" des Komplotts vor Gericht stünden - eine Vorverurteilung, für die Villepin ihn seinerseits rechtlich belangen will.

Sarkozys Anwalt Thierry Herzog verlangt Villepins Verurteilung als Anstifter. "Gergorin ist der Befehlsgeber", sagte Herzog. Villepin stehe aber "am Anfang von allem". Der Clearstream-Skandal hatte die letzten Regierungsjahre von Sarkozys Amtsvorgänger Jacques Chirac stark belastet. "Nicolas Sarkozy hat angekündigt, dass er mich an einem Fleischerhaken aufhängen wird", sagte Villepin, als er den Gerichtssaal nach dem Plädoyer des Staatsanwalts verließ. "Wie ich sehe, ist das Versprechen eingelöst worden." Das Urteil in dem Prozess wird im Januar erwartet.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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