Politik

Rebellen gestehen Fehler ein "Freudenfeuer" provoziert Luftschlag

Die versehentliche Bombardierung von libyschen Rebellen durch die NATO scheint aufgeklärt. Vertreter der Aufständischen erklären, Rebellen hätten aus Freude Leuchtspurmunition abgefeuert. Dies habe einen Luftangriff der NATO provoziert. Dabei kommen 13 Menschen ums Leben. Nach Aussagen von Rebellen erobern sie die Ölstadt Brega zurück.

Bei dem Beschuss des Konvois kommen 13 Menschen ums Leben.

Bei dem Beschuss des Konvois kommen 13 Menschen ums Leben.

(Foto: REUTERS)

NATO-Flugzeuge haben bei Angriffen in Libyen irrtümlich erstmals auch Milizen der Regimegegner angegriffen. 13 Aufständische seien bei dem Bombardement zwischen Adschdabija und Brega getötet worden, sagte ein für den Kontakt zu den Rebellen zuständiger Vertreter der Stadt Adschdabija. Ein Arzt sagte, er habe zudem elf Verletzte des Angriffs behandelt. Die Regimegegner stießen indes auf Brega vor, wo sie die Truppen von Diktator Muammar al-Gaddafi auf dem Gelände der örtlichen Universität einkesselten, berichteten Anti-Gaddafi-Milizionäre in Adschdabija.

Ein NATO-Flugzeug habe versehentlich das Feuer auf einen Konvoi der Rebellen aus fünf oder sechs Fahrzeugen, darunter ein Krankenwagen, eröffnet, sagt der Vertreter Adschdabijas. Der Angriff wurde offenbar dadurch ausgelöst, dass unerfahrene Freiwilligen-Milizionäre aus Freude über das hörbare Nahen von NATO-Flugzeugen mit Leuchtspurmunition in den Himmel geschossen hatten, erklärten Rebellen. Das sei ein Fehler gewesen. Die Piloten des NATO-Geschwaders hatten keine Möglichkeit, dieses "Freudenfeuer" als "nicht feindlich" einzustufen. Ihren Einsatzregeln folgend, feuerten sie Luft-Boden-Raketen auf die aktive Geschützstellung ab. Neben den neun Rebellen seien der Fahrer und drei Medizinstudenten aus der Rebellenhochburg Bengasi getötet worden, hieß es.

Einige Aufständische machten allerdings Handlanger Gaddafis dafür verantwortlich, dass die Rebellen-Gruppe das Feuer der Allianz auf sich zog. "Einige von den Leuten Gaddafis haben sich unter die Aufständischen geschmuggelt und mit Luftabwehr-Waffen in die Luft geschossen", sagte Mustafa Ali Omar. "Dann kamen die NATO-Kräfte und haben sie angegriffen."

Brega zurück erobert

Die NATO wollte die Berichte über diesen Angriff zunächst überprüfen, sagte Sprecherin Oana Lungescu in Brüssel. "Wir sind über Berichte über zivile Verluste immer sehr betroffen." Dabei betonte die Sprecherin des Bündnisses, dass die NATO bei ihrem Einsatz das Ziel habe, die Zivilbevölkerung und zivile Wohngebiete vor Gewalt zu schützen.

Die Rebellen sind militärisch unerfahren und stehen einer Übermacht gegenüber.

Die Rebellen sind militärisch unerfahren und stehen einer Übermacht gegenüber.

(Foto: REUTERS)

Nach weitläufiger Ansicht ist die Zivilbevölkerung nicht durch die Regimegegner, sondern durch die Gaddafi-Truppen bedroht. Die Freiwilligen-Verbände der Gaddafi-Gegner gelten wiederum als militärisch höchst unerfahren und schlecht organisiert. Bei Adschdabija schossen sie in der Nacht auf einen eigenen Ambulanzwagen, weil dessen Fahrer es verabsäumt hatte, seine Fahrt mit den Kontrollpunkt-Besatzungen zu koordinieren.

Nach heftigen Kämpfen eroberten die Aufständischen derweil nach eigenen Angaben den Großteil von Brega, 80 Kilometer westlich von Adschdabija, zurück. Gaddafi-treue Truppen hätten sich auf dem Gelände der Universität verschanzt, sagten Rebellen in Adschdabija. Die Rebellen feuerten nach Angaben eines westlichen Reporters mit Raketenwerfern auf Stellungen der regierungstreuen Truppen. Diese schossen laut Zeugen mit schwerer Artillerie und Granaten. Brega war in den vergangenen Tagen stark umkämpft gewesen. Die Stadt hatte mehrfach den Besitzer gewechselt. Über der Region waren Kampfflugzeuge der NATO unterwegs. An einer Straße östlich von Brega lagen mindestens sieben verkohlte Leichen regierungstreuer Soldaten. Nicht weit davon befand sich ein etwa zwei Meter tiefer Bombenkrater mit einem Durchmesser von rund fünf Metern. Etwa ein Dutzend ausgebrannte Armeefahrzeuge standen um die Einschlagstelle herum.

USA ziehen Kampfflugzeuge ab

Regierungssprecher Mussa Ibrahim lehnt jedes Angebot einer Waffenruhe kategorisch ab.

Regierungssprecher Mussa Ibrahim lehnt jedes Angebot einer Waffenruhe kategorisch ab.

(Foto: AP)

Umkämpft blieb die Großstadt Misurata, 210 Kilometer östlich von Tripolis. Die Regimegegner sind dort schon mehrere Wochen von Gaddafi-Truppen eingeschlossen. Dutzende Zivilisten wurden getötet. Die Versorgungslage wird von den Bewohnern in Audio-Botschaften als dramatisch beschrieben. Ähnlich belagert von Gaddafi-Truppen wird Sintan, 120 Kilometer südwestlich von Tripolis. Gaddafi hatte am Freitag ein Angebot der Aufständischen für einen Waffenstillstand zurückgewiesen. Diese hatten als Gegenleistung ein Ende der Angriffe auf die von ihnen gehaltenen Städte gefordert.

NATO-Flugzeuge bombardierten in der Nacht auch die Städte Choms, 120 Kilometer östlich von Tripolis, und Ruhaibat, 180 Kilometer südwestlich von Tripolis, berichtete das staatliche libysche Fernsehen. Dabei seien "militärische und zivile Gebiete" getroffen worden, hieß es in dem Fernsehbericht.

Vertreter des US-Verteidigungsministeriums bestätigten derweil, dass Washington damit beginnen wolle, einen Teil seiner Kampfflugzeuge aus Libyen abzuziehen. Da die NATO die Führung des Einsatzes übernommen habe, wollten die USA die ihnen zugedachte unterstützende Rolle einnehmen, hieß es. Das Land hatte den Einsatz gemeinsam mit Frankreich und Großbritannien zunächst militärisch angeführt.

EU nimmt Flüchtlinge auf

Noch immer sind viele Flüchtlinge unterwegs.

Noch immer sind viele Flüchtlinge unterwegs.

(Foto: REUTERS)

Die EU will unterdessen einige tausend Flüchtlinge aus Nordafrika auf die 27 Mitgliedsstaaten verteilen. Das sagte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström in Brüssel. Dabei geht es vor allem um Flüchtlinge aus Libyen, die selbst keinen libyschen Pass haben. Sie könnten wegen Bürgerkriegen oder anderen Gefahren nicht in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden, sagte Malmström. "Wir reden von einigen tausend Menschen aus Somalia, Eritrea und Sudan."

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sagte der "Welt": "Wir haben großzügige humanitäre Hilfe angeboten und wir sind bereit, unsere Anstrengungen weiter zu verstärken." Auch die Kontakte zu einzelnen Gruppen in Libyen müssten ausgebaut werden. "Wir müssen den Dialog weiter fördern und alles tun, was wir können, um dem neuen Libyen zu helfen, Demokratie und Wohlstand aufzubauen." Über ihre Zukunft könnten aber nur die Libyer selbst entscheiden, betonte die europäische Chefdiplomatin.

Vorsorglich beschloss die EU am Freitag einen Militäreinsatz zur Unterstützung humanitärer Hilfe in Libyen. Wie der EU-Ministerrat in Brüssel mitteilte, müsse aber für den Einsatz mit dem Code-Namen "Eufor Libya" eine Anfrage der Vereinten Nationen vorliegen. Dies sei bisher nicht der Fall.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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